Mehr Frauen in die Forschung

Professorinnen sind an deutschen Hochschulen noch immer stark in der Unterzahl. Wer ernsthaft für Gleichstellung eintritt, muss zugeben, dass wir erst am Anfang stehen, meint Leonhard Rosenauer.Wieder einmal hat die FU gezeigt, dass sie etwas ganz Besonderes ist. Dieses Mal nicht, was die exzellente Forschung, sondern die Position der Frauen betrifft – genauer gesagt: die der Professorinnen. Mit 37,8 Prozent ist deren Anteil an keiner deutschen Universität so hoch wie an der FU. Das zeigte zuletzt eine Erhebung der WBS Gruppe. Die Erhebung des privaten Bildungsanbieters ist jedoch kein Grund zum Jubeln. Vielmehr kehrt bei genauerer Betrachtung Ernüchterung ein, denn die Ungleichheit in der Wissenschaftsgemeinschaft ist weiterhin groß.

Führungspositionen noch immer Männersache

Neben der FU gibt es noch viele Hochschulen, an denen sich die verkrusteten Strukturen des Patriarchats nur äußerst langsam aufbrechen lassen. Die TH Mittelhessen führt das Negativranking mit lediglich zehn Prozent Professorinnen an. Bei den Dekanaten sieht es im Übrigen bundesweit noch sehr schlecht aus. Nur etwa 17 Prozent sind im Schnitt von Frauen besetzt. Diese Zahlen belegen, was viele bereits wissen und einige partout nicht zugeben wollen: Die strukturelle Diskriminierung und der Ausschluss von Frauen aus dem Berufsleben, insbesondere von Führungspositionen, sind in der Wissenschaft längst nicht überwunden.

Auch die Vorzeige-FU hat es im letzten Semester verpasst, weitere Schritte in Richtung Gleichstellung zu machen. Der neue Präsident setzte sich erst im vergangenen Semester gegen seine nicht weniger qualifizierte Mitbewerberin durch. In seinem Präsidium befinden sich drei Vizepräsidenten und eine Vizepräsidentin. So ganz ernst scheint es der Uni mit der Gerechtigkeit also nicht zu sein. Herzlichen Glückwunsch und willkommen in der neuen alten Welt! Die FU ist damit ein Spiegelbild der Wirtschaft. Überall neigen Männer dazu Männer zu rekrutieren. Oft mit ähnlicher Herkunft und in ähnlichem Alter. Gleich und Gleich gesellt sich eben gern und für Frau ist da kein Platz.

Bessere Anreize für Wissenschaftlerinnen

Doch der Ausschluss von Frauen funktioniert nicht nur von oben nach unten. Durch die deutschlandweit unterrepräsentierten Professorinnen ergibt sich ein weiteres Problem: männlich dominierte Netzwerke innerhalb der Forschungsgemeinde. Wissenschaftler sind vernetzt, laden auf Konferenzen, zu Gastvorträgen und arbeiten gelegentlich gemeinsam an Publikationen. Die Männergemeinschaft hat sich also über Jahrzehnte ausgeweitet und gefestigt. Um das aufzubrechen, braucht es mehr Professorinnen, nicht nur an der FU, sondern im gesamten Wissenschaftsbetrieb. Und die müssen dort erstmal eine Weile wirken und sich vernetzen. Deutschlandweit braucht es also mehr als Zielvereinbarungen und Richtlinien, es braucht Zeit.

Langfristig lässt sich echte Gleichberechtigung nur sichern, wenn für junge Frauen Anreize geschaffen werden, Führungs- und Lehrpositionen in der Wissenschaft einzunehmen. Dafür braucht es nicht nur die harte Arbeit von Frauenbeauftragten, sondern auch ein Umdenken bei den männlichen Geschöpfen unserer Gesellschaft, Rückhalt und Bekräftigung in Schulen und dem Elternhaus. Andernfalls werden sich auch in Zukunft die besten Männer und nicht die besten Menschen durchsetzen.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.