Bildungsstreik: Auftaktkommentar!

Schüler und Studenten rufen in dieser Woche zum bundesweiten “Bildungsstreik” auf. FURIOS Online wird laufend berichten! Wir starten mit einem Kommentar: Was will der Streik? Wer macht mit? Und macht es einen Unterschied, dass soeben ein 18-Milliarden-Paket für Bildung und Forschung verabschiedet wurde? Ein Kommentar von Günter Bartsch.

Haare kürzen zur Streikvorbereitung: FU Berlin. Foto: Cora-Mae Gregorschewski

Bildung ist Menschenrecht!

Mehr Geld in die Bildung investieren!

Eine gebührenfreie Bildung von der Kita bis zur Hochschule!

Demokratische Hochschule!

usw.

Die Liste der Forderungen für ein besseres Bildungssystem ist beinahe vier A4-Seiten lang. Illusorische Visionen von ein paar linken Studenten? Nein. Die Sätze stehen im Regierungsprogramm der SPD. Und sind in weiten Teilen fast identisch mit dem Aufruf der Bildungsstreik-Initiatoren!

Insofern war es klug von den Hochschul-Aktivisten, eine Allianz mit Schülern und anderen Gruppen zu schmieden anstatt nur einen reinen Uni-Protest zu veranstalten. Koalitionen mit Gewerkschafts- und Parteigruppen einzugehen, das kostet – so erfährt man im Umfeld der Streikkoordination – viele Studentenvertreter eine enorme Überwindung. Schon allein aufgrund der Furcht, die Koalitionäre könnten den Protest für sich vereinnahmen.

Dazu kam es laut Beobachtern bisher kaum. Hingegen gab es Unterstützung von unerwarteter Seite: Die potentiell Bestreikten, die Berliner Hochschulleiter, unterstützen den Protest und geben teilweise sogar Ihren Mitarbeitern für die Großdemo am Mittwoch frei!

Dem Protest droht das den Wind aus den Segeln zu nehmen, ebenso das von Bund und Ländern beschlossene 18-Milliarden-Euro-Paket für Bildung und Forschung. Ob es den Streik-Beteiligten gelingen wird, das Programm als “Steilvorlage” zu nutzen und als “Irrsinns-Programm” zu entlarven, wie es FU-Professor Peter Grottian gefordert hat, muss bezweifelt werden. (pdf)

Dass eine große Protest-Allianz zustande kam, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es den Studenten seit Jahren nicht gelungen ist, ihre eigenen Reihen zu mobilisieren. Selbst Streik-Sympathisanten haben größte Zweifel, dass die Proteste in dieser Woche vor allem von Studenten getragen werden.

Kann man den Studentenvertretern vorwerfen, dass ihre Kommilitonen lethargisch in Seminaren und Bibliotheken sitzen anstatt für eine bessere Bildungspolitik zu kämpfen? Ja, man kann. Es genügt eben nicht, nur auf Rektorate zu schimpfen und deren neoliberale Politik zu geißeln (so notwendig das auch sein mag). Die Studentenvertreter müssen sich den Problemen der Studierenden stärker widmen und diese auch im Dialog mit den Fakultäts- und Hochschulleitungen bearbeiten. Es nützt niemandem, wenn sich ASten in eine Totalopposition begeben. Studentenvertreter machen es sich zu leicht, wenn sie auf die Blockadepolitik des Präsidiums verweisen – selbst dann, wenn ein Präsident wie Dieter Lenzen seine Weigerung äußert, mit „Funktionären“ zu sprechen.

Wenn es Studentenvertretern gelingt, für Ihre Kommilitonen im Einzelfall etwas zu bewegen, dann können sie auch Gehör finden bei jenen übergeordneten bildungspolitischen Fragen, welche die Ursache für eben solche Probleme des Einzelnen sind. Denn in der Tat ärgern sich ja zahllose Studierende über die Mängel der neuen Bachelor-/Master-Studiengänge.

Nur wenn es die Aktivisten schaffen, diese Zusammenhänge zwischen individuellem Ärger und den Irrwegen der Bildungspolitik auch ihren Kommilitonen zu vermitteln, kann es ihnen gelingen, mehr Studenten auf die Straße zu bringen.

Günter Bartsch hat an der FU Politikwissenschaft studiert und begleitet den Streik für den “Tagesspielgel”.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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5 Responses

  1. saliha sagt:

    heute fiel unser Colloquium aus. Der Raum sei abgesperrt. Ich habe mich durch das OSI durchgeschlichen und begegnete meinem dozenten und 2 komilitonen, die mir gesagt haben, dass man nicht in den Raum gehen kann und somit kein colloquium stattfinden wird.

    morgen hab ich auch ein Colloquium, mal sehen, ob die auch ausfällt.

    achja und als wir 2 Neu-STudenten begegneten sagten wir aus Spaß: nach uns die Sintflut

  2. Cora sagt:

    @Benedict: Was in der Ihnestr. 22 geschah, die ja nach der 21 besetzt wurde, also nach dem Plenum, weiß ich nicht. Nino kann sich zu dem Zeitpunkt, als er seinen Kommentar schrieb, nicht darauf bezogen haben, da das Plenum bis nach 13.00 Uhr ging.

  3. Benedikt sagt:

    Naja Dozenten und Sekretäre aus ihren Büros lauthals rauszujagen ist nun wirklich nicht die feine englische Art. Geschehen in der Ihnestraße 22.

  4. Cora sagt:

    Ich war vor und im OSI und keine Mensch hat irgendjemand daran gehindert dort hineinzugehen, vielleicht erschwert aber nicht unter Zwang verhindert. Vor dem OSI auf dem Rasen fanden auch zwei Seminare statt.

    Von “Machtausübung” und “Mob” war auch nichts zu sehen. Sonst wäre im Plenum davor wohl auch kaum ruhig und sachlich über das weitere Vorgehen diskutiert worden.

  5. Nino sagt:

    Ich habe kein Problem mit dem Streik; stimme ich doch in vielen Punkten mit den Forderungen überein. Wenn ich jedoch durch Streikposten an der Ausübung meines freien Willens, nämlich dem Betreten des OSIs, gehindert werde, ist das Machtausübung auf dem Niveau des Mobs. Was fällt den Veranstaltern ein? Wenn gegen die zwangsweise Neoliberalisierung der Uni protestiert wird, werde ich von den Streikenden mit gleichem Zwang in meiner Willensbildung behindert?

    Nein danke.

    Wer hat uns verraten?
    Sozialdemokraten.

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