Der Antibildungsstreik richtete sich gegen den Bildungsstreik — dann kam der Anti-Antibildungsstreik. Wie viel „Anti“ verträgt so ein Streik eigentlich?
Text: Christina Bauermeister und Fanny Duelli
Fotos: Cora-Mae Gregorschewski
Die Gruppe am Bebelplatz wirkt klein, beinahe ein bisschen eingeschüchtert. Ungefähr 20 Demo-Teilnehmer haben sich vor der juristischen Fakultät der Humboldt-Universität (HU) versammelt. Sie kommen von der Liberalen Hochschulgruppe, vom Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS) sowie den Jungen Liberalen (JuLis). Sie sind der Antibildungsstreik.
Light-Revolutionäre
Die Demo-Teilnehmer sind nicht ganz gegen den Bildungsstreik, sie teilen viele der hochschulpolitischen Forderungen. Sie vertreten so etwas wie einen „Bildungsstreik-Light“. Ausdrücklich wenden sie sich aber gegen die Vermischung mit einer grundsätzlichen Kapitalismuskritik. „Die Aktivisten beschränken sich nicht nur auf Bildung, sondern üben eine extrem marxistisch angehauchte Systemkritik aus. Die sind doch unglaubwürdig und werden nicht ernst genommen.“, erklärt Manuel Kühn, stellvertretender Vorsitzender der LHG der HU seine Vorbehalte. Der RCDS-Kollege, Christoph Diehn, kommentiert die Streikwoche mit den Worten: „Das ist doch jedes Mal wieder nur Halli Galli und eine Spaßveranstaltung“. Seiner Meinung nach sei inhaltliche Gremienarbeit und konsequente Kommunikation zwischen Studierenden und den Verantwortlicher gewinnbringender. Darüber hinaus fordert das Anti-Streik-Ensemble einen verantwortungsbewussteren Umgang der Asten mit dem Geld der Studierenden.
Die Vereinigung der Demonstrierenden lässt sich inzwischen vor den imposanten Statuen von Marx und Engels in Szene setzen und fotografieren.
„Eure Armut kotzt uns an!“
Plötzlich rückt lauthals Verstärkung für den Antibildungsstreik an. Eine Gruppe von 40 Studierenden skandiert: „Teilnahmelisten, statt Bildungsstreikfaschisten!“, „Eure Armut kotzt uns an!“, „Geld für Banken statt für Bildung“, „Studenten zur Kasse!“. Schnell stellt sich heraus, die scheinbaren Unterstützer entpuppen sich als Gegner der Anti-Bildungs-Streikenden. Sie ironisieren, parodieren und karikieren die Bildungsstreikgegner. Ein Anti-Antibildungsstreik – soviel dagegen ist also tatsächlich möglich.
Der Anti-Bildungsstreik löst sich aus Protest auf
Die Polizei muss die beiden Demonstrationen trennen. Die Bildungsstreiker schlichen sich allerdings erneut zu den Bildungsstreikgegnern, woraufhin Wolf Dermann von der LHG an der FU diese zu bekehren versuchte. „Wir sind gegen Studiengebühren und für eine Viertelparität in allen Gremien“. Argumente dieser Art fanden allerdings kein Gehör. Letzten Endes löste die LHG-Vorsitzende der HU die Mini-Demonstration auf, um ein Zeichen zu setzen und den Anti-Anti-Streikenden das Feld zu überlassen.
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[…] Ausführlicher Bericht zum Thema hier… 17. Juni 2009, Bildungsstreik, Politik […]