Meine Ex

Letzte Woche hat Marlene Göring ihre Ex besucht. Die Ex ist groß, laut und ein bisschen verrückt. Sie ist die Hauptstadt von Großbritannien, und die beiden haben ein Jahr zusammen verbracht. Ein Wiedersehen mit London.

Der Londoner Alltag steckt voller Gefahren. Foto: Rolant Lenvig av Reyni

Der Londoner Alltag steckt voller Gefahren. Foto: Rolant Lenvig av Reyni

Um alle meine Lieblingsplätze in wenigen Tagen wiedersehen zu können, hatte ich einen Schlachtplan erarbeitet. Geordnet nach Tages- und Abendaktivitäten und so, dass sie zusammenpassen. Denn London ist vielfältig. Da ist der Buckingham Palace mit einer echten Königin, die Oxford Street und der Piccadilly Circus, die Innenstadt mit den Prestigesitzen der Weltkonzerne. Da sind die Stars und die Limousinen – obwohl man meistens nur am Menschenauflauf erkennt, dass hier in den nächsten Stunden George Clooney oder Mick Jagger auftauchen werden. In den überall verteilten Tabloids findet man vorrangig die Hauptstadt in den Schlagzeilen und vor der Westminster Abbey ist das ganze Jahr Demo. Man fühlt sich, als sitze man am Nabel der Welt, umgeben von Menschen, die etwas zu sagen haben. Und die selbst von überall her, nur nicht aus London kommen.

Aber London ist auch ein stinkendes Dreckloch. Eines, in dem Menschenmassen sich ameisengleich über- und unterirdisch endlos ausbreiten. Eines, in dem die Leute ausschließlich ihre persönlichen Ziele verfolgen. Was meistens heißt: Geld, eine gute Wohnung, Parties und szenige Klamotten. Der Unterschied zwischen arm und reich, zwischen erfolgreich oder down-and-out tritt hier so deutlich hervor wie nirgendwo in Deutschland.

Der Mayor weiß es besser

Vielleicht sehen sich die britischen Machtinhaber deshalb dazu veranlasst, ihren Bürgern wenigstens moralisch beizustehen. Besonders der Mayor von London versäumt keine Gelegenheit, seinen Namen unter die vielen Hinweisplakate in der Tube zu setzen. Auf denen steht er den Untertanen tag aus, tag ein mit guten Ratschlägen zur Seite. Man erfährt, wie man sich vor Terror und Bomben schützen kann. Dass es wegen der Bombengefahr im gesamten U-Bahnnetz keinen Mülleimer gibt und was man stattdessen mit seinem Dreck tun sollte. In diesen Tagen werden die Londoner Fahrgäste etwa alle zwei Minuten per Lautsprecherdurchsage vor Dehydration gewarnt. Dehydration in London ist, wenn man trotz 21 Grad und Regen plötzlich vor Durst umkippt. Weshalb man immer eine Flasche Wasser bei sich tragen sollte. Am schönsten ist aber ein Plakat mit niesenden Kindern. Es erklärt, wie man sich die Nase putzt und dass man niemanden anhusten soll. Grund für diese neue Kampagne ist die “Swine Flu”. Die wütet in UK zur Zeit mit 100,000 Neuansteckungen pro Woche.

Nur zu deinem Besten!

Ob “Please wash your hands now!”-Zeichen auf den Innenseiten von Toilettenkabinen das Leben sicherer machen? Ob man wirklich genau die verlangten 1,30 m in der Schlange Abstand halten sollte? Dass meine Ex etwas zu bevormundend geworden ist, wurde mir klar, als ich am Eingang des “Nottinghillartsclub” meine ID vorzeigen musste. Nun ja, so was soll vorkommen. Doch der Türsteher vor meinem ehemaligen Lieblingskonzertschuppen wollte nicht mein Alter checken: Er scannte meinen Pass! Wieso, und was der Club mit den Daten macht, weiß ich bis heute nicht. Auf Fragen nach solchen Verhaltensregeln reagieren Londoner Busfahrer wie Bürgermeister mit einer Antwort, die kein Nachhaken zulässt: “It´s policy!”.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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