APO-Opas Enkel

Was haben Die Linke.SDS und die Die Linke im Berliner Reichstag gemeinsam? Richtig, beide drücken die Oppostionsbank. Im Unterschied zur Mutterfraktion ist sie an der FU inhaltlich alles andere als eine Außenseiterin. Wo die Toleranz der AStA-Linken an ihre Grenzen stößt und warum sich der SDS als gesellschaftliche Bewegung versteht: Hendrik Pauli führte ein Gespräch mit dem Spitzenkandidaten Sander Fuchs.

133 von 3673 Stimmen habt ihr bei der letzten StuPa-Wahl bekommen. Schreib doch mal bitte dein Wunschergebnis für dieses Jahr auf.

Ach, das ist schwierig. Wir haben uns kein bestimmtes Ziel gesetzt. Das StuPa ist meiner Meinung nach auch nicht das entscheidende Gremium, das über Aktivität entscheidet. Entscheidend sind die hochschulpolitischen Gruppen selber und welche Angebote sie machen. Das ist auch maßgeblich dafür, wie ich eine Gruppe einschätze. Okay, wenn ich eine realistische Einschätzung geben würde, was wir erreichen können, dann wären das wahrscheinlich 200 Stimmen. Damit wäre ich sehr zufrieden.

Das wäre ein Plus von 50%. Am Montag gab es bei der Informationsveranstaltung im Hörsaal 1A die Möglichkeit nach diesen Stimmen zu fischen. Stattdessen konnte man dort dem beliebten Spiel „Hau-den-AStA“ beiwohnen. Dabei fanden sich ungewöhnliche Verbündete.

Inhaltlich haben wir mit dem RCDS und der LHG keine Überschneidungen, deswegen kommt eine Zusammenarbeit für uns auch nicht in Frage. Für uns ist nicht entscheidend, ob wir den AStA stellen, sondern ob wir unsere Politik inhaltlich umsetzen können. Dazu sind wir gerne bereit auch mit AStA-tragenden Listen zu koalieren. Ich verstehe die Aufspaltung der linken Szene auch nicht so ganz. Die AStA-tragenden Listen, nicht alle aber einige, haben im Moment ein Interesse daran, dass die Wahlbeteiligung nicht signifikant steigt, weil sie damit natürlich an Stimmanteilen verlieren würden. Sie sprechen eben einen ganz bestimmten Teil der Studierenden an.

Der Anspruch des SDS ist es im AStA und StuPa eine linke Politik umzusetzen. Wir möchten möglichst viele Studierende argumentativ ansprechen, damit es eine starke linke Bewegung geben kann. Das erreicht man nicht, in dem man sich im eigenen Biotop abkapselt. Der AStA sollte stattdessen Angebote machen und die Studierenden da ansprechen, wo sie sind, anstatt Hürden aufzubauen. Das führt dann eher dazu, dass sich 80% der Studierenden überhaupt nicht angesprochen fühlen von dem, was an der FU politisch passiert.

Damit sprichst du die Strukturen an. Kann es nicht auch sein, dass viele Studierende von der Art der politischen Auseinandersetzung, auch innerhalb der Linken, irritiert sind? Die Unabhängige Antifaschistische Liste (UAL) zum Beispiel deutet SDS auf einem Transparent als „Spitzel des Systems“.

Es gibt innerhalb des AStA starke Vorbehalte gegen parteinahe Organisationen jedweder Couleur. Das betrifft auch den SDS. Der SDS ist nun mal der Studierendenverband, der der Partei Die Linke nahe steht. Ich würde unser Verhältnis aber als solidarisch-kritisch bezeichnen. Solidarisch, weil sie Teil der linken Bewegung ist. Was den Landesverband Berlin und die Linke im Berliner Senat im angeht, sind wir aber auch sehr kritisch eingestellt, weil die Partei dort unser Meinung nach keine linke Politik betreibt. Trotzdem ist das für mich kein Grund mich der Linken grundsätzlich zu entsagen. Diese Abwehrhaltung, auch gegen Grüne Hochschulgruppe oder die Liste „Not My President“ erklärt sich dadurch, dass wir gemeinsam eine reelle linke Alternative darstellen, die mehr Studierende anspricht und so langfristig zu einem Wandel im AStA führt. Meiner Meinung nach kann der AStA weiterhin aus den Listen bestehen, die ihn jetzt tragen. Entscheidend ist aber, dass er den Anspruch haben muss, mehr Studierende anzusprechen und einzubinden, ohne die Inhalte aufzugeben. Dieser Anspruch fehlt im Moment.

Was diese „Spitzelvorwurf angeht“: Damit ist wahrscheinlich gemeint, dass alles, was Struktur hat und als Organisation die parlamentarische Demokratie mitträgt, argwöhnisch betrachtet wird. Die Linke hat auch revolutionäre Teile, die ich gut finde und die ich stärken möchte. Ich bin aber weder Mitglied noch habe ich sonst irgendwas mit der Partei zu tun, genauso wie ein Großteil der Leute, die beim SDS-FU sind.

Apropos SDS, die älteren unter uns merken da natürlich auf. Den SDS gab es ja schon einmal. Er hat sich 1970 aufgelöst. Euer Verband existiert seit 2007 als SDS, hat mit dem ursprünglichen SDS also nichts zu tun. Habt Ihr Euch mit der Verwendung des Namens nicht der Leichenfledderei schuldig gemacht?

Das glaube ich überhaupt nicht. Der historische SDS hat sich ja als außerparlamentarische Bewegung verstanden. An diese Tradition wollen wir anknüpfen, das ist unser Anspruch. Darum haben wir den Namen wieder aufleben lassen. Vollständig lautet unser Name DieLinke.SDS. Wir halten die Linke momentan für die einzige Partei , die den Anspruch hat gesellschaftliche Kräfteverhältnisse wirklich zu verändern.

Neben der Parteinähe hast du einen weiteren Grund für die Stänkerei gegen größere Listen angedeutet. Die Gesetze der Wahlarithmetik kommen den vielen kleinen Listen, auf die der AStA sich stützt, entgegen. Bei euch haben 133 Stimmen für 2 Sitze gereicht. 90 Stimmen hätten’s auch schon getan. Wie steht Ihr denn einer Veränderung des Wahlsystems, bzw. des Berechnungsmodus gegenüber?

Um zu sagen, ob eine Veränderung nötig ist, müsste man sich stärker damit auseinandersetzen. Der Vorteil dieses Systems ist der pluralistische Gedanke, dass so auch kleineren Gruppierungen die Möglichkeit haben, Einfluss auf studentische Politik zu nehmen. Nachteil ist, dass es großen einen Anreiz gibt Tarnlisten zu schaffen. Da tauchen dann auf einmal sieben Listen auf, obwohl dahinter eigentlich nur eine Gruppierung steht. Die Leute sprechen sich dann untereinander ab und nutzen so das Wahlsystem aus. Das halte ich für problematisch.

Die Forderungen auf eurem Flugblatt sind ziemlich allgemein gehalten. Sie decken sich zum großen Teil mit denen, die man vom Bildungsstreik kennt: Entschlackung des Studiums, weniger Prüfungsdruck, mehr kritische Wissenschaft, Master für Alle. Was wollt ihr denn davon umsetzen? Und vor Allem – bei den bestehenden Gräben – wie?

Ich hoffe, dass wir diese Schwierigkeiten früher oder später überwinden und eine richtige Kooperation mit vielen anderen linken Listen hinbekommen, die über Inhalte funktioniert und nicht über Abgrenzung und Grabenkämpfe. Ich glaube aber nicht, dass sich die Inhalte letztendlich über die Hochschulgremien umsetzen lassen, das geben die Mehrheitsverhältnisse von Akademischen Senat und den Fachbereichsräten nicht her. Man muss eine studentische Bewegung erschaffen, die genügend Druck auf Hochschulleitung und Politik ausüben kann. Dazu ist der Bildungsstreik sicher das Paradebeispiel. Leider gibt es keine Massenbewegung, die ihn wirklich lange trägt. Da wollen wir ansetzen. Wir wollen auf Probleme aufmerksam machen und Lösungen anbieten, aber die können nicht einfach vorgesetzt und dann vom Bildungsstreik ausgeführt werden. Die müssen vorher in einem Prozess erarbeitet und diskutiert werden. Das praktizieren wir schon, der SDS ist ein zentraler Akteur beim Bildungsstreik. Das ist der Weg, den man gehen muss um Dinge zu verändern.

Aber nochmal zurück zur Rolle des AStA und des StuPa: Sind die dann nur dazu da einen starken studentischen Block zu organisieren, der sich gegenüber den universitären Gremien in Stellung bringt?

Natürlich muss es innerhalb des StuPa weiterhin Auseinandersetzungen geben. Nur so entstehen Ideen, die von einer Mehrheit getragen werden können. Allerdings halte ich das Prinzip der Repräsentation, bei dem Leute gewählt werden und dann für andere Leute Lösungen erarbeiten nicht unbedingt für einen guten Politikansatz. So werden die Probleme nicht gelöst. Die Studierenden müssen selbst einbezogen werden, zum Beispiel über den Bildungsstreik. Eine gelungene Bildungsstreikdemo bringt viel mehr als zwanzig StuPa-Sitzungen. Als SDS möchten wir diesen Ansatz massiv vorantreiben, und wir möchten, dass der AStA ihn ebenso massiv vorantreibt, an der FU ebenso wie an anderen deutschen Unis.

Repräsentation ist also problematisch, zu den Aufgaben des AStA habt ihr klare Vorstellungen. Wollt ihr das StuPa letztlich überflüssig machen?

Nein, denn das StuPa kann diese Dinge organisieren. Es sollte aber darüber hinaus den Anspruch haben viele Menschen einzubinden und nicht seinen repräsentativen Charakter als alleinige Legitimationsgrundlage sehen. Das Parlament hat ja auch keine faktische Entscheidungsmöglichkeit in der Hochschulpolitik. Das funktioniert in erster Linie über die studentischen Vertreter in den Gremien, die aber wegen der festgeschrieben Sitzverteilung zu Gunsten der Professoren dort nicht wirklich Einfluss nehmen können. Ich halte diese Vorstellung von Politik auch nicht für die einzig wahre. Ich möchte eine Politik, in der sich viele Menschen mit Problemen auseinandersetzen, Lösungen erarbeiten und diese dann gemeinsam umsetzen.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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1 Response

  1. heinz sagt:

    “Der Anspruch des SDS ist es im AStA und StuPa eine linke Politik umzusetzen. Wir möchten möglichst viele Studierende argumentativ ansprechen, damit es eine starke linke Bewegung geben kann.”

    ergänzung: “…Bewegung geben kann, die vom SDS gesteuert wird.” das ist jedenfalls die praxis im bildungsstreik.

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