“Ich kann auch ohne Alkohol Spaß haben.”

Die Hannoveraner Politikprofessorin Christiane Lemke bewirbt sich um das Präsidentenamt an der FU. Im Interview sprach sie mit FURIOS-Online über ihre Pläne für die Zukunft der Universität, die Exzellenzinitiative und ihre Schlafgewohnheiten.

Möchte wieder an ihre alte Wirkungsstätte zurückkehren: Politik-Professorin Christiane Lemke. Foto: Tobias Heimbach

Das Interview führten Jonas Breng und Tobias Heimbach.

Frau Lemke, Sie sind ein verlorenes Kind der FU, haben hier studiert und lange gearbeitet. Ist es nun das Heimweh, das Sie wieder nach Berlin holt oder zieht Sie der Posten in die Hauptstadt?

Ich beschäftige mich seit Längerem mit Hochschulpolitik und bin an meiner Heimatuniversität in Hannover in verschiedenen Gremien und in Leitungsfunktion tätig. Ich habe 16 Jahre an der FU gearbeitet, sowohl meine Promotion als auch meine Habilitation hier erworben. Ich kenne die Universität sehr gut und habe nachwievor gute Kontakte hierher. Wenn Sie mich fragen welche deutsche Hochschule mich reizen würde, dann ist es wirklich die FU. Es geht nicht darum irgendwo als Präsidentin eine Universität zu leiten, sondern in erster Linie nach Berlin zurückzukehren. „Circular biography“ nennt man das glaube ich (lacht).

Man räumt Ihnen bisher allenfalls Außenseiterchancen ein. Auf wessen Stimmen hoffen Sie?

Mein Vorteil ist es, dass ich keiner politischen Gruppe im Akademischen Senat angehöre. Ich würde gern mit allen Gruppen arbeiten, sowohl mit den hochschulpolitischen Gruppierungen, als auch den Statusgruppen. Darin sehe ich eine große Chance, denn als Außenstehende kann ich bestimmte Dinge kritischer sehen. Ich möchte zuhören was die einzelnen Gruppen zu sagen haben und gemeinsame Vorstellungen für die nächsten vier Jahre entwickeln. Das ist eine große Gelegenheit für mich, aber auch für die Freie Universität.

Sie sind die einzige externe Bewerberin. Haben Sie überhaupt noch den notwendigen Einblick in die Strukturen und Probleme der Uni?

Ich habe vom Akademischen Senat und vom Kuratorium umfangreiche Informationsmaterialien erhalten. Das umfasst Haushaltspläne, Berichte, Stellungnahmen und Expertisen. Auf dieser Ebene habe ich daher einen sehr guten Einblick über die Strukturen, die Entscheidungsprozesse und die Problemzonen der Uni.

Was wissen Sie über das Verhältnis zwischen Studierenden und dem ehemaligen Präsidenten Lenzen?

Präsident Lenzen hat viel für die FU getan, er hat sie gemeinsam mit seinem Stab sehr gut für die Exzellenzinitiative aufgestellt und auch die Umstrukturierung der Forschung stark vorangetrieben. Er hat Managerqualitäten gezeigt, jedoch ist mir aufgefallen, dass er einen sehr autokratischen Führungsstil gepflegt hat. Er hatte nicht den Kontakt zu den Studierenden, den es braucht, gerade wenn man eine große Studienreform umsetzen will. Ich finde, dass man in dieser Phase über das normale Maß hinaus den Kontakt pflegen muss. Das aber ist nicht passiert, das ist eine Frage des Führungsstils. Ich glaube besonders an diesem Punkt würde ich mich sehr unterscheiden.

Gerade der Kommunikationsstil Lenzens war für viele am Campus ein rotes Tuch. Wie könnte man den erstickten Dialog zwischen Präsidium und Studierenden wiederbeleben?

Die Studierenden sind die Seele der Universität. Die Lehre ist ebenso wie die Nachwuchsausbildung sehr wichtig. Ich würde daher eher einen kooperativen Führungsstil pflegen. Es gibt ja durchaus eine Reihe von Kommunikationsmöglichkeiten mit den Studierenden, wie etwa die Gremien, in denen man den Studierenden sehr viel mehr zutrauen und zuhören sollte.

Die zweite Kommunikationsform sind offene Foren. Ich habe mit Interesse von dem Runden Tisch an der FU erfahren. Man sollte ein offenes Forum weiterführen, indem man die Probleme der Studienreform mit den Bachelor- und Masterstudierenden bespricht, die dort ihre Erfahrungen einbringen können, um gemeinsam Möglichkeiten entwickelt wie man die Bologna-Reform besser umsetzen kann.

Der dritte Punkt ist, dass Präsidenten früher stets eine offene Sprechstunde für einzelne Studierende oder auch bestimmte Gruppen angeboten haben. Das würde ich auch so halten.

Heißt das sie möchten die studentische Mitbestimmung in den Gremien stärken oder die Zusammenarbeit nur über eine bessere Kommunikation verbessern?

Ich denke, dass die Studierenden auf der Fachbereichs- und Institutsebene gut vertreten sind und auch in den Studienkomissionen eine wichtige Stimme haben. Ich habe jedoch mit großem Erstaunen gehört, dass auf der zentralen Ebene Einfluss genommen wird, darauf welche Studierende in den zentralen Gremien vertreten sind. Ich finde das sehr befremdlich, denn die Studierenden müssen selber ihre Vertreter bestimmen können.

Rojas und Alt sind sich uneins über das Gedankenexperiment einer Fusion von TU und FU. Wie stehen Sie dazu? Illusorisches Luftschloss oder innovative Zukunftsperspektive?

Es hat diese Ideen der Zusammenlegung der Berliner Universitäten ja schon in den 90er Jahren gegeben. Zum Glück sind sie dann ganz schnell wieder fallen gelassen worden. Ich kann hier aus meiner Erfahrung an der University of North Carolina und Harvard sprechen, dass eine große Stadt wie Berlin mit dem interessanten Umfeld und den vielen außeruniversitären Einrichtungen sehr gut mehrere Universitäten verkraften kann. Die Vielfalt der vier Universitäten sollte angesichts der Breite des Wissenschaftsspektrums durchaus erhalten werden. Was man in Zukunft allerdings überlegen muss, ist wo die Hochschulen stärker kooperieren können. Nicht jede Hochschule muss das gleiche Fächerspektrum anbieten. Ich würde gern die fächernahe Kooperation stärken und auch die Profilierung unterschiedlicher Bereiche an den Hochschulen vorantreiben. Dennoch soll die FU Volluniversität bleiben.

Einige am Campus befürchten, dass die FU den Exzellenzstempel verlieren könnte. Muss alles dafür getan werden, damit dieses Etikett auch in Zukunft weiter geführt werden kann?

Die Finanzierung der Hochschulen wird ja vor allem durch die staatliche Grundversorgung gesichert. Aus den Haushaltberichten der letzten zehn Jahre geht jedoch hervor, dass die Lage dramatisch schlecht ist: Die Zuwendungen von staatlicher Seite stagnieren oder nehmen zum Teil sogar ab. Ich sehe auch aufgrund der Situation in anderen Bundesländern und auch aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise keine großen Chancen, den Senat in Berlin dazu zu bewegen viel mehr für die vier Berliner Universitäten auszuschütten. Daher sind wir immer mehr darauf angewiesen Drittmittel wie z.B. über die Exzellenzinitiative anzuwerben. Von daher würde ich sagen, wir sollten alles daransetzten in der dritten Runde der Exzellenzinitiative erfolgreich dabei zu sein.

Sie waren schon mehrfach an renommierten US-Unis wie Harvard. Was müsste Ihrer Meinung nach passieren, dass die FU der internationalen Konkurrenz standhalten kann?

Harte Arbeit, über einen längeren Zeitraum. Harvard und andere Spitzenuniversitäten haben sich über einen sehr langen Zeitraum entwickelt. Man muss dazu die internen Netzwerke aufbauen und auch den wissenschaftlichen Nachwuchs anziehen und gut behandeln. Einer der größten Unterschiede zwischen den Hochschulen in Amerika und Deutschland ist die bessere Betreuungsrelation in den USA. Dort kann man sehr viel einfacher auch schon im B.A.-Studium die Studierenden an Forschungsprojekten beteiligen.

Die anderen Kandidaten scheinen über mehr Erfahrung bezüglich Leitungsverantwortung zu verfügen. Was haben Sie in diesem Bereich zu bieten?

Ich habe sehr gründliche Erfahrung im Bereich von Institutsleitung gesammelt und war unter anderem Direktorin des Niedersächsischen Landtages, wo ich alle Verwaltungsbereiche von Haushalt, Personal und PR geleitet habe.

Ich sehe einen großen Vorteil darin, dass ich den Verwaltungsbereich sehr gut kenne und dafür auch ein Händchen entwickelt habe. Dadurch habe ich gelernt in Konfliktsituationen zu vermitteln. Darüber hinaus habe ich in dieser Position mit allen politischen Fraktionen gearbeitet, kenne also auch die Logik des politischen Arbeitens. Das wird mir mit Sicherheit auch bei den Verhandlungen mit dem Berliner Senat helfen.

Gesine Schwan ist der Überzeugung, dass der Präsidentenposten an der FU so anspruchsvoll ist wie der des Bundespräsidenten ist. Wie viel Schlaf brauchen Sie?

(lacht). Ich stehe gern um sechs Uhr auf und bin dann oft schon um sieben im Büro, weil ich zu dieser Zeit am ungestörtesten Arbeiten kann Ich halte mich mit Fahrradfahren fit und verfüge über eine sehr gute Kondition. Ich bin lange Arbeitstage gewohnt, habe auch über 20 Jahre lang die Arbeit und Familie vereinen können. Ich arbeite sehr strukturiert und trinke übrigens keinen Alkohol.

Das klingt ja fast langweilig.

Naja, ich kann auch ohne Alkohol Spaß haben. (lacht)

Wie würden Sie ihre Rolle als Präsidentin der FU interpretieren: Menschelnde Professorin oder knallharte Uni-Managerin?

Ich bin in erster Linie Wissenschaftspersönlichkeit und sehe mich vor allem als Forscherin. Dennoch denke ich, dass ein professionelles Management einer so großen Hochschule wie der FU gut zu Gesicht steht. Ich bin der Überzeugung, dass man knallhartes Management durchaus mit einer menschlichen Herangehensweise verbinden kann. Dass ich umgänglich und freundlich bin wissen alle, die mit mir zusammenarbeiten. Fairness, Transparenz und Offenheit sind Grundprinzipien meiner Arbeit und das möchte ich auch gern weiter so praktizieren.

Zur letzten Frage: Wo fühlen Sie sich ihren Mitkonkurrenten überlegen?

Mein großer Vorteil ist die Unabhängigkeit, die ich mitbringe. Ich bin bereit mit allen politischen Gruppen und den Statusgruppen ins Gespräch zu kommen und gemeinsam zu überlegen wie die nächsten Jahre ausgestaltet werden können. Ein weiterer Vorteil ist meine große internationale Erfahrung. Ich habe in den USA nicht nur geforscht, sondern auch in Harvard eine ordentliche Professur mit allen Rechten und Pflichten bekleidet. Diese Internationalität möchte ich gern in die Arbeit an der internationalen Netzwerkuniversität einbringen. Außerdem bin ich authentisch.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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3 Responses

  1. Thomas E. sagt:

    Sorry, lese sehr gerne die ganzen Texte. Aufgabe eines Titels ist es aber dennoch, einen inhaltlichen Bezug zur Botschaft des Artikels zu haben, um Leser zu gewinnen. Zumindest im Journalismus. Alles Andere ist Literatur und Furios, soweit ich weiß, kein Literaturmagazin.

  2. lol sagt:

    tut mir leid das du den g a n z e n text lesen musstest

  3. Thomas E. sagt:

    Sehr bedauerlich, dass das Interview mit einer nebensächlichen Aussage betitelt wurde, die an und für sich nichts vermittelt, was von Relevanz ist. Andere Sätze hätten sich angeboten, ihre Kernbotschaft zu transportieren.

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