Exilanten unter sich

In der kleinen, aber feinen Ausstellung »Der Eskapist« gewährt FURIOS-Illustrator Michi Schneider Einblicke in seine derzeitige Arbeit. Devid Mrusek sah sie sich an.


Michi Schneider in seiner Ausstellung »Der Eskapist«


In Frankreich haben Kunstschaffende nichts zu lachen. Das Biotop aus Ateliers, Kunsthochschulen, Galerien und Vereinen, in dem sie sich bewegen, ist zu einem lähmenden Kategorismus verkrustet, einem Entweder-Oder-System frei von Zwischenräumen zum Experimentieren. Die deutsche Kapitale mit ihrem ruhiger getakteten Kunstbetrieb, ihren solidarischeren Verbindungen und der inhärenten Genügsamkeit ist deshalb für viele Kunstflüchtlinge aus Frankreich: eine Heimat. Dieser Auffassung ist zumindest Mathilde Lafabrie. Sie ist eine französische Exilantin und arbeitet seit dem Jahr 2000 in Berlin. In ihrem Atelier im Wins-Viertel des Prenzlauer Bergs, das sie auch als Ausstellungsraum nutzt und anderen Künstlern zur Verfügung stellt, hängen derzeit die Werke von Michi Schneider.

Auch er hat Frankreich den Rücken gekehrt, kommt ursprünglich aber aus Graz. In Nîmes studierte er Angewandte Kunst, in Berlin lebt er seit 2006. Von Beginn an prägte Michi den Stil der FURIOS. Soeben hat er sein Studium der Kunstgeschichte an der FU abgeschlossen. Die theoretische Herangehensweise habe ihm Gelegenheit gegeben, seine Arbeit aus einer unverkrampften Perspektive zu sehen, sagt er. Im Herbst 2010 beginnt er sein Meisterstudium an der Kunsthochschule Weissensee.



Die Ausstellung »Der Eskapist« zeigt nun vier seiner Malereien aus den vergangenen zwei Jahren. Die mittelformatigen Ölgemälde zeigen Bilder aus der Erinnerung des Malers, sie portraitieren Menschen, die wie entrückt scheinen, als ob auf den Leinwänden Szenen aus einem früheren Leben abgebildet sind. Ein Leben, das vielleicht in Frankreich stattgefunden hat und das den Beobachter nicht bemerkt hat. Anders als auf den FURIOS-Titelseiten blicken die Figuren dem Betrachter hier nicht offen entgegen. Sie scheinen viel eher versunken in ihrer eigenen Welt, die in warme Farben getaucht ist. In dem kleinen Ausstellungsraum, der mit seinem Café-Charme die Berliner Variante des white cube repräsentiert, wirken sie wie Fenster in die dreißiger Jahre. Das Fensterglas aber ist nur einseitig durchlässig: Die Figuren sehen den Betrachter nicht, berühren ihn nicht.

Die Ausstellung »Der Eskapist« läuft bis zum 11. Juli, Finissage ist am 2. Juli.

Der Eskapist, Mat’s Laden, Christburgerstr. 39, 10405 Berlin. Mo-Fr u. So 14-18h.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

1 Response

  1. 30. Juni 2010

    […] » Deutsche Übersetzung der Internationalen » Rezension des Theaterstücks Fünf mal Gott » Rezension zur Ausstellung Der Eskapist 7. Juni 2010, […]

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