StuPa schlägt sich, StuPa verträgt sich.

Seit Dienstag ist der AStA 2010 komplett: Bei der dritten Sitzung des 29. Studierendenparlaments wurden die autonomen Referate bestätigt. Neben dem üblichen Gezänk gab es diesmal auch Versöhnliches, weiß Hendrik Pauli.

Toter Winkel im StuPa: links die AStA-Koalition, rechts die Opposition. Dafür verantwortlich: die Sitzungsleitung (nicht im Bild).

Wenn sie nur immer so wollten, die Mitglieder des Studierendenparlaments (StuPa): sachlich diskutieren, dem anderen zuhören und ihn ausreden lassen. Beinahe ein Lehrstück für parlamentarischen Stil. Als das StuPa allerdings soweit war, neigte sich die Veranstaltung bereits dem Ende entgegen. Die kontroversen Themen waren durch, der Pulverdampf hatte sich verzogen.

Zuvor stand die Bestätigung der autonomen Referate auf der Tagesordnung. Im Juni, fünf Monate nach der StuPa-Wahl, waren FU-weit Frauen, Ausländer, Schwule und Lesben aufgerufen in ihren jeweiligen Vollversammlungen (VVs) drei Mitglieder für die einzelnen Referate zu wählen.

Der Ekel der Anderen

Tatsächlich erschienen zu den VVs kaum mehr als fünfzig Leute. Nicht zuletzt wegen der bewusst unzureichenden Ankündigungspolitik des AStA, wie die Opposition zürnte. Wer weiter nachfragte, begab sich auf gefährliches Terrain. Ob das biologische oder das soziale Geschlecht zähle, wann man als Ausländer gelte, sowas mochte niemand recht beantworten. Ramazan Dag von der AusländerInnen-Liste sah schon in der Frage „Ausländerunfreundlichkeit“. Die Teilnahme erfolge auf Vertrauensbasis, sekundierte Falko Grothe, Öffentlichkeitsreferent des AStA. „Das funktioniert schon seit Jahren sehr gut. Es gibt weder Zwangsouting noch Passkontrolle.“ Schwulenreferent Ronny Matthes indes lud den Fragesteller gleich zur nächsten Schwulen-VV ein – „aber nur, wenn du dich nicht ekelst“.

Eigentlich soll der autonome Status der Referate die nötigen Freiheiten im Kampf gegen die strukturelle und alltägliche Diskriminierung an der FU gewährleisten. Daher besteht gegenüber dem StuPa keine Rechenschaftspflicht. Das Frauenreferat berichtete dennoch kurz über die Aktivitäten der letzten Monate – Organisation des Frauensports, Aufbau einer feministischen Bibliothek, Vorbereitung eines Workshops zum Thema Sexualität. Ronny Matthes bürstete sämtliche Nachfragen zum Schwulenrefat ab: „Wir sind autonom. Wir brauchen gar nichts zu sagen.“

Totale Verwirrung

Bürokratische Winkelzüge, verbale Ausfälle: Dem RCDS und der Liberalen Hochschulgruppe reichte es. Sie verließen das Plenum, wollten so die Beschlussunfähigkeit des Parlaments herbeiführen, offiziell wegen der verweigerten namentlichen Abstimmung über die autonomen Referate. Kurzzeitig ließen sich die AStA-Reihen davon verwirren, witterten gar Erpressung. Doch mit dem Denkzettel wurde es nichts: Trotz der dürftigen Teilnahme waren noch mehr als die Hälfte der Mitglieder anwesend. Alle hatten sich verzählt. Die Aufständler trotteten später zurück in den Saal – unter hämischem Applaus.

Den blieben die AStA-Leute sich selbst allerdings schuldig. Einige von ihnen hatten zu Beginn der Sitzung spontan ein österreichisches Klassenkämpferlied zum Besten gegeben. Es war das falsche Omen. Versöhnen statt spalten, das hatte sich die Grüne Hochschulgruppe (GHG) vorgenommen.

Grüne Friedensmission

Während die einen die flammend rote Fahne der Arbeiter von Wien heranzitierten, appellierten andere für eine Rückbesinnung auf die parlamentarische Kultur. Die GHG hatte ein Diskussionspapier eingebracht. Darin kritisierte sie, das StuPa erfülle momentan nur seine Pflichtaufgaben. Weiter hieß es: „Das StuPa muss kreativ werden, sich neue Gestaltungsmöglichkeiten schaffen.“ Nur mit einer breiteren Öffentlichkeit könne die schwache formale Stellung gestärkt werden. Dann könne das StuPa erheblich zur Meinungsbildung am Campus beitragen und studentische Anliegen voranbringen. Seine Mitglieder müssten es nur endlich wollen.

Die Kritik am Zustand des StuPa war weniger eine Kampfansage als ein Versöhnungsangebot an die AStA-Koalition. Dazu müsste man sich vor Allem auf kultiviertere Umgangsformen einlassen, gab man sich einmütig zu verstehen. Überflüssige Geschäftsordnungsanträge, die lediglich die Moral des Gegners zersetzen, sollten in Zukunft unterbleiben. „Manchmal denke ich, ich könnte in der Zeit Sinnvolleres tun,“ gab sich ein AStA-Mann kampfesmüde.

Bei der nächsten Sitzung im Herbst können alle zeigen wie versöhnlich sie dann noch gestimmt sind – die grünen StuPa-Kritiker ebenso wie die roten Revolutionsbarden.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

2 Responses

  1. Ronny Matthes sagt:

    Wenn man Jahr für Jahr miterlebt, wie jedes Mal auf’s Neue der Autonomiestatus der Autonomen Referate – meistens von den rechten StuPa-Gruppen – angezweifelt wird (was übrigens in der oben besprochenen Sitzung auch der Fall war), überlegt man sich zwei Mal, ob man sich die Blöße gibt und dem, gelinde gesagt, fragwürdigen Fragesteller Rechenschaft ablegt. Der Typ hat vorher vorgeschlagen, Lesben- und Schwulenreferat zusammenzulegen und daraus ein Erasmusreferat zu machen.

    Wenn ihn die VV und die Arbeit des Referates wirklich so brennend interessieren – aus welchem Grund? Wenn er sich nicht als schwul definiert, hat er zumindest auf der VV nichts zu suchen und das Referat ist ihm keine Rechenschaft schuldig. Die schuldet sie allein ihrer Bezugsgruppe. Wenn er sich als schwul definiert, hätte er gerne zur Vollversammlung kommen können und hätte dort auch seinen heißersehnten Rechenschaftsbericht bekommen, inklusive netten Tunten, Erdbeeren und Sekt. Wie auch die Grüne Hochschulgruppe bemerkte, wurde zur Schwulen-VV weiträumig plakatiert. Ankündigungen waren Wochen vorher auf der AStA-Homepage zu lesen und sind über diverse Verteiler gegangen. Also einfach mal Augen auf beim Campusspaziergang.

  1. 30. Oktober 2010

    […] ist der unerbittliche rhetorische Zusammenstoß zwar die Regel. Doch dürften sich die Kontrahenten das Jahr über soweit aneinander abgearbeitet haben, dass die letzte StuPa-Sitzung 2010 ohne Eklats und weitere Schaugefechte auskommen sollte. […]

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