Ein Jahr Später

Vor einem Jahr erfassten die großen Studentenproteste auch die Freie Universität, wurde der Hörsaal 1A besetzt. Damals lud die SPD Protestierende in ihre Parteizentrale ein, um sich deren Sorgen und Nöte anzuhören, es war von weiterem, dauerhaftem Austausch die Rede. Jetzt haben die Sozialdemokraten ihr Versprechen endlich eingelöst. Max Krause überlegt, ob das Anlass zu Optimismus gibt.

Am 11. November, dem Jahrestag der Hörsaalbesetzung, stehen wieder zwei Sofas an den alten Plätzen im Foyer des 1A. Eine Handvoll Aktivisten aus dem vorletzten Semester hält eine – wie sie sagen – „Mahnwache“ ab, sogar eine Kerze wird aufgestellt. Manche träumen von einem Wiederaufleben der Besetzung, aber am Abend sind die Sofas schon wieder verschwunden.

So fühlen sich viele, die im letzten Jahr die Streiks unterstützt haben: Wütend. Enttäuscht. Resigniert. Als am Montag letzter Woche im Willy-Brandt-Haus zum Gespräch mit Studierenden geladen wird, geben sie diesem Gefühl Raum. Hannelore Kraft, der Hauptverantwortlichen für die „Zukunftswerkstatt Bildung“ bei der SPD, schlägt eine Welle der Frustration entgegen. Die geladenen Gäste, viele davon JuSo-Vorstände oder AStA-Vorsitzende von Hochschulen aus ganz Deutschland, fühlen sich überhört, glauben, ihre Forderungen seien bewusst missverstanden worden.

In vielen Punkten stimmt die Linie der SPD offenbar mit jener der Studenten überein. Es fällt ja auch nicht schwer, den Forderungen zuzustimmen, wenn man selbst gerade nicht in der Position ist, sie auch durchsetzen zu müssen. Die einzige wirklich kontroverse Diskussion kommt auf, als ein Rechtsanspruch auf Masterplätze gefordert wird. Denn auch Ex-Kultusministerin Edelgard Bulmahn, die an der Einführung des Bachelor-Master-Systems maßgeblich mitgearbeitet hat, sitzt am Tisch, und sie will diese Verkehrung der ursprünglichen Idee des Bolognaprozesses nicht einfach so durchgehen lassen: Es sei ja gerade die Idee der Reform gewesen, dass nicht jeder einen Master macht. Schließlich findet Frau Kraft versöhnliche Worte und räumt ein, dass man über die Idee zumindest einmal nachdenken sollte.

Über weite Strecken läuft die Unterhaltung dann sehr formlos ab. Jeder darf einmal sagen, was ihm auf dem Herzen liegt, es kommt kaum wirklicher Austausch zustande. Dennoch behauptet Frau Kraft am Ende der Sitzung, viel gelernt zu haben. Man will den Kontakt auf jeden Fall aufrechterhalten. Vielleicht findet das nächste Treffen dann ja im November 2011 statt, wenn die ersten der ehemaligen Aktiven die Universität schon wieder verlassen haben. Als Student nehme ich aus dem Gespräch nicht mehr mit, als das tief empfundene Mitgefühl der SPD.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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1 Response

  1. Bildungsstreiki sagt:

    Ich glaube nicht, dass ein nächstes Treffen 2011 stattfinden wird.
    Vorsicht! Nächstes Jahr sind Abgeordnetenhauswahlen. Die Grünen haben wie die SPD diesen Herbst ‘solidarische’ Treffen zum Thema Bildungsstreik veranstaltet.
    Und die Furios hat sich gekonnt für den schon begonnenen Wahlkampf instrumentalisieren lassen. “Das tief empfundene Mitgefühl der SPD” hätte ich gern mal in den letzten Jahren von Studiprotesten und Bildungsnot erleben wollen.

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