Dürre Zeiten in Osianien

Als Trendsetter mit Antworten für die Politik von Morgen, so sieht man sich am Otto-Suhr-Institut gern selbst. Katharina Hilgenberg hat den Institutstag besucht – und viele offene Fragen entdeckt.

Was braut sich da zusammen? Das OSI im Dezember 2010

Foto: Cora-Mae Gregorschewski

Fünf vor zwölf zeigt die Uhr auf den kleinen beige-farbenen Plakaten rund ums Otto-Suhr-Institut. Unter dem Motto „Reclaim your OSI“ hatten die Studierenden am 3. Dezember zum Institutstag eingeladen. Eine gute Gelegenheit für mich als Institutsfremde, Einblicke in das Epizentrum des politischen Aktivismus an der FU zu bekommen – und die Frage zu beantworten: Ist es um das OSI wirklich so schlecht bestellt, wie das Plakat suggeriert?

„Auf dem Institutstag passiert immer was“, hatte mir ein befreundeter Osianer erzählt. Das klingt nach prall gefüllten Hörsälen und emotionsgeladenen Debatten. Mit etwas Respekt betrete ich das wohl prestigeträchtigste politikwissenschaftliche Institut Deutschlands. Wie im vergangenen Jahr steht die Reform des Politik-Bachelors im Mittelpunkt. Die sieht eine Wahlmöglichkeit zwischen einer sechs- und einer achtsemestrigen Variante vor. Y-Modell heißt das am OSI. Die Studierenden erhoffen sich davon mehr Selbstbestimmung bei der Fächerwahl und weniger Prüfungsdruck. Eine Chance also für eine bessere Ausbildung am OSI? Vielleicht sogar neue Denkanstöße für das gesamte B.A.-/M.A.-System ?

Kein Platzmangel

Als ich in den riesigen Seminarraum komme, bin ich erstmal verwirrt. Nur rund vierzig Teilnehmer haben sich dort eingefunden. Bis auf drei Podiumsgäste sind keine Professoren anwesend. Einige Studierende haben sich ganz am Rand auf den Tischen platziert. Keine Spur von dem Gedränge des vergangenen Jahres, als an die zweihundert Leute gekommen waren.

Doch was ist der Grund für das spärliche Interesse? Wer extra hätte anreisen müssen, ist wahrscheinlich froh, wenn ihm das S-Bahn-Chaos mal einen Tag erspart bleibt. Aber es scheint, als scheitere die Reforminitiative weniger am Berliner Winter als an fehlender Verbindlichkeit. Ich erfahre, dass das Y-Modell von den Studierenden auf dem Institutstag 2009 mit großer Mehrheit unterstützt wurde, die Professorenmehrheit im Institutsrat es allerdings abgelehnt hat. Der Vorschlag zur Streichung eines Drittels der Noten ist am Rechtsamt gescheitert. Erfolgreich war allein die Einführung sogenannter affiner Module. Zumindest das konnten die Studierenden als einen Schritt zu mehr inhaltlicher Wahlfreiheit feiern. Trotzdem: Von Reformeifer oder Neuanfang spüre ich hier nichts. Nach zweistündiger Diskussion stelle ich mir vor allem eine Frage: Für wen wird hier eigentlich gekämpft?

Desinteresse oder Arbeitspensum?

„Am OSI wächst eine neue Generation heran. Die sieht den Bachelor offenbar als Gegebenheit an“, resümiert Franziska Meyer. Sie ist seit langem in der Fachschaftsinitiative am OSI und der Reformkommission aktiv. Aber welchen Sinn hat die Forderung nach einer bessere Lehre, wenn die fern bleiben, die es am meisten betrifft? Ist es wirklich schlichtes Desinteresse? Eine zunehmende Entfremdung von unverbesserlichen Diplom-Nostalgikern? Oder ist es tatsächlich der durchgetaktete Stundenplan, der keine Zeit mehr für solches Engagement lässt? Wenn wenigstens einer gekommen wäre, um mir diese Fragen zu beantworten. Kathrin Hern, ebenfalls studentische Vertreterin der Reformkommission, versucht sich ihren eigenen Reim darauf machen. „Das OSI als Lebensraum funktioniert nicht mehr.“ Sie klingt ziemlich entmutigt, als sie das sagt.

Etwas ratlos verlasse ich die Veranstaltung wieder. Die Politikwissenschaftler ziehen sich aus ihren angestammten Lebensbereichen zurück. Die politische Mitgestaltung am Institut liegt so gut wie brach, gerade zu einem Zeitpunkt an dem neue Impulse dringend nötig wären. Wer wird noch etwas bewegen wollen, wenn selbst die Osianer sich zurückziehen? Die Austrocknung ihres Biotops ist eine Gefahr für das gesamte Ökosystem der FU.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

5 Responses

  1. cjs sagt:

    Das Foto ist super!

  2. Malte sagt:

    Weitere Berichte, Informationen und vielleicht sogar Antworten zum Institutstag gibt’s auf der Homepage der OSI-Zeitung.

    Biotop-Interessierte herzlich willkommen!

    http://osi-zeitung.de/

  3. chehggy sagt:

    Hups, verguckt waere wohl passender. Peinlich, Peinlich *g*

  4. Cora sagt:

    Lieber Chehggy,

    Du hast dich bestimmt vertippt und meintest unsere Autorin Katharina Hilgenberg, die den Artikel geschrieben hat, denn ich bin nur die Fotografin.

  5. chehggy sagt:

    Irgendwie haette ich mir ein bisschen mehr von diesem Beitrag erhofft… Ich bin mir ja als noch-Studierender im Klaren darueber, dass qualitativ hochwertige Recherche etwas ist, was im Rahmen eines Universitaetsstudiums nur schwer machbar ist (selbst erlebt).

    Aber dennoch: nur Fragen aufwerfen und nichtmal eine provokante Theorie, ueber die die FSIs und der AStA oder zur Abwechslung mal RCSDler und Liberale Hochschulgruppe herziehen koennen?

    Ich hatte immer gehofft, FURIOS wuerde auch zur offenen Diskussion rund um die FU, so klein und auf sich selbst fixiert diese auch sei, beitragen. Aber dieser Beitrag ist IMHO wirklich nur emotionales Bla a la Zeit Magazin u.a.

    PS: Bitte Cora, nimm’ das nicht persoenlich. Aber da habt ihr wirklich schon besseres geschrieben. Wo sind die provokanten Artikel? Wo ist der Esprit? Ich moechte meine FURIOS zurueck 🙂

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