Der Schrumpfsieg

Die Wahlen 2011 haben die linken Kräfte an der FU gestärkt. Wie wenig der AStA damit anzufangen weiß, zeigt sich an der Urabstimmung. Ein Kommentar von Hendrik Pauli.

Ein König mit wenig Volk: Der AStA macht für die Urabstimmung seine eigene Rechnung auf. Illustration: Christian Güse

Der Kapitalismus, so heißt es bei Marx, wird sich am Ende sein eigenes Grab schaufeln. Die Dekadenz steckt im System selbst. Das Kapital der Politik heißt Macht, und sie verführt alle, auch die Systemkritiker. Dass man ihr ausgerechnet in der AStA-Villa so widerstandslos verfällt, ist mehr als nur eine Anekdote der Wahlnachlese.

Eigentlich ist der AStA gestärkt aus der Wahlwoche hervorgegangen. Seine Lieblingsgegnerin, die Liberale Hochschulgruppe flog aus dem Akademischen Senat und dem prestigeträchtigen Fachbereichsrat PolSoz. Ein lang ersehnter politischer Erfolg, von der persönlichen Genugtuung ganz zu schweigen.

Bei den studentischen Wahlen stehen für den AStA ebenfalls zwei eindrucksvolle Siege zu Buche – meint er zumindest. Denn nur ein Erfolg ist echt, der andere ist eingebildet. Im StuPa haben die AStA-Listen ihre Mandatsmehrheit leicht ausbauen können. Entsprechend selbstbewusst werden ihre Vertreter in den kommenden Monaten dort auftreten.

Mit der „Solidarischen FU“ ist man hingegen grandios gescheitert. Die Klügeren unter denen, die die Urabstimmung initiiert haben, wissen das auch. Denn die Zahlen sprechen eine klare Sprache: 90 Prozent Ja-Stimmen bei knapp 11 Prozent Wahlbeteiligung. Mag sich der AStA noch so künstlich an der „überwältigenden Zustimmung“ berauschen, es bleibt ein Schrumpfsieg.

Zur nächsten Attacke

Zur Erinnerung: Die Urabstimmung war nicht als Selbstbespiegelung einer narzisstischen Aktivistenclique gedacht, sondern als nachhaltiger Protestschrei Richtung Präsidium und Rotes Rathaus: „Ändert eure Politik!“ Darüber werden Präsident Alt und Bildungssenator Zöllner keine Millisekunde nachdenken, auch wenn der AStA einen „erhöhten Druck“ noch so sehr herbeizudeuten versucht. Gäbe es den tatsächlich, hätte man sich den eilig nachgeschobenen Appell, „den Protest auf die Straße tragen“, erstmal sparen können. Stattdessen versucht der AStA jetzt schon wieder den Bildungsstreik-Tiger zu reiten.

„Bitte nicht schon wieder“ werden sich viele denken, die mit „Ja“ gestimmt haben. Sie wissen zwar, wohin man sein Kreuz für die gute Sache setzen muss. Gegenüber dem AStA und dessen Bildungstreik-Logik bleiben sie allerdings kritisch. Ein wochenlanger Protestmarathon mit Demos, Hörsaalbesetzung, AGs und Runden Tischen ist ihnen schlicht zu anstrengend. Und zu angestrengt. Was übrigbleibt, ist die Gruppe der üblichen Verdächtigen. Deren Solidarität untereinander wird spätestens dann auf die Probe gestellt, wenn der SDS wieder öffentlichkeitswirksam den Streikführer geben will. Darauf reagiert der AStA besonders allergisch.

Aber offenbar will man in der Otto-Simson-Straße mit dem Kopf ein zweites Mal gegen die gleiche Wand laufen. Anstatt die Niederlage einzugestehen und sich eine Phase der Orientierung gönnen, bläst man besinnungslos zur nächsten Attacke. Über die politischen Ziele des AStA mag man streiten, die politische Klugheit darf man ihm getrost absprechen. Schwer zu glauben, dass das in den eigenen Reihen nicht erkannt wird.

Mit der selbstgefälligen Deutung der Urabstimmung und den fast schon anrührenden Protestfantastereien gewährt der AStA eine bemerkenswerte Innenansicht. Er muss seine Klientel, um nicht zu sagen seine Investoren, bei Laune halten und seine Macht ausbauen. Wohin der Zwang zur Akkumulation führt, kann jeder Interessierte bei Marx nachlesen.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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8 Responses

  1. näppisch sagt:

    schon erstaunlich, dass sich die furios bei “eingebildeten erfolgen” mal wieder ausschließlich auf den des ASTA bei der urabstimmung konzentriert. dabei hat auch die Liberale Hochschulgruppe einen höchst aufschlussreichen kommentar zu ihren läppischen zwei sitzen im StuPa abgegeben: „Eine Bestä­ti­gung unse­rer Arbeit« (https://furios-campus.de/2011/01/17/asta-verteidigt-mehrheit-%E2%80%93-urabstimmung-enttaeuschend/)-
    genau so ist es.
    Und apropos “Selbst­be­spie­ge­lung einer nar­ziss­ti­schen Akti­vis­ten­cli­que”:
    bietet euer käseblatt doch mal für – sagen wir – 50 cent an. ob es dann noch jemand haben will?

  2. Rosa L. sagt:

    Gelungener kritischer Artikel!

    Der aktuelle AStA der FU macht schon lange keine kritische Politik im Sinne der Studierenden mehr! Er ist undemokratisch, lässt keine differenzierten Meinungen zu, handelt finanziell intransparent (ist möglicherweise korrupt; Mittelvergabe ist nicht intersubketiv nachvollziehbar, offenbar finanziert er auch viele Projekte/ Aktionen außerhalb der Uni mit den Beiträgen der Studentenschaft!!!), er kandidiert zum Stupa mit Listen, die faktisch nicht existieren, die keine kontinuierliche Arbeit machen, die aber Stimmen beschaffen, damit er seine Stupa-Mehrheit behalten kann. Wir werden ja sehen, ob z. B. die queerfeministische Liste oder Studierende mit Kind oder Die Partei oder oder oder… jetzt nach den Wahlen wirklich kontinuierliche Politik machen! Ich lasse mich diesbezüglich gerne eines besseren belehren!
    Und er arbeitet nicht – auch nicht um der Sache willen – mit anderen Hochschulgruppen zusammen, die einer Partei nahestehen könnten… Wie borniert kann man denn nur sein??? Es geht dem ASta nicht um die Sache, nicht um wirkliche Veränderungen, sondern darum, seine Macht zu erhalten!
    Ich habe den Eindruck, dass dieser AStA keine Politik im Sinne der Studierenden macht, deshalb sollte er dringend abgelöst werden!!!

    Auf zur wahren Revolution!
    Den aktuellen FU-AStA abwählen!!!

  3. Max Krause sagt:

    Lieber blub,

    du schreibst “wer hat schuld an der nied­ri­gen Wahl­be­tei­li­gung. Und da ist die Ant­wort wohl klar: der AStA und die AStA-Koalition ange­sichts der Wahl­wer­bung, den Wahl­auf­ru­fen etc. sicher­lich nicht.”

    Was die StuPa-Wahlen angeht, stimmt das vielleicht. Für die Urabstimmung wurde – soweit ich es mitbekommen habe – KEINERLEI Werbung von Seiten des AStA gemacht. Aufrufe zur Vollversammlung mussten am AStA vorbei organisiert werden – was dazu führte, dass, als dann über die Urabstimmung informiert werden sollte, kaum 40 Leute anwesend waren. So braucht man sich über geringe Beteiligung wirklich nicht wundern. Was für Gründe der AStA dafür gehabt haben mag, die Urabstimmung nicht anzukündigen, lasse ich mal dahingestellt…

  4. blub sagt:

    Ich frage mich weiterhin, warum der Autor konsequent den Erfolg der Urabstimmung kaputtschreiben will. Woher die Motivation kommt, denn angesichts der Fakten halte ich das für schlicht falsch. Obendrein frage ich mich, warum dann dieses vermeintliche Scheitern noch dem AStA in die Schuhe geschoben wird, schließlich war das zu Beginn ein Projekt des StuPa, lediglich konkretisiert und beworben durch den AStA. Wobei natürlich, das stimmt, inhaltlich dem zugestimmt werden konnte, wofür der AStA politisch steht. Das haben dann auch fast alle gemacht, die an der Wahl teilgenommen haben.
    Die Frage ist also im Grunde die, die gern gestellt wird: wer hat schuld an der niedrigen Wahlbeteiligung. Und da ist die Antwort wohl klar: der AStA und die AStA-Koalition angesichts der Wahlwerbung, den Wahlaufrufen etc. sicherlich nicht.

  5. m sagt:

    Endlich ein paar klare Worte! “Blub” deine Bemerkung ist einfach nur lächerlich. Erklär mir bitte was diesen Artikel als “rechts-gesinnt” macht? Wie sollte sonst Kritik/eine andere Meinung ausgeübt werden? Mann kann es doch nicht leugnen dass der Artikel auf der AStA-Seite schlicht und einfach eine Farce ist. Es ist nichts was erfreut aber die Urabstimmung wird leider aufgrund ihrer niedrigen Wahlbeteiligung kein Effekt erzeugen – basta!
    Bravo FURIOS!
    Der AStA-Kaiser wurde als nackt entblößt!

  6. Thomas E. sagt:

    Otto-von-Simson-Straße übrigens.

  7. Bob der Schlaumeister sagt:

    Gibt’s auch noch ne inhaltliche Kritik oder war’s das schon wieder vom Kommentar-Powerseller blub?

  8. blub sagt:

    ich würd vorschlagen, dass der autor der lhg oder dem rcds beitritt. will sich die furios wirklich zum sprachrohr der rechten opposition machen?

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