4 aus 40.000

*40 000 Menschen drängen sich an der FU. 4 Studierende davon an 4 überquellenden Orten. Notiert von Henrice Stöbesand, Fanny Gruhl, Katharina Hilgenberg und Rebecca Ciesielski.

Fotos: Cora-Mae Gregorschewski

„Neulich habe ich den Professor von Nahem gesehen.“

In der Vorlesung: Tanja, 21, studiert Russisch und Politik auf Lehramt. Zu den FU-Professoren hat sie ein besonderes Verhältnis.

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„Meine Taktik? Einfach aushalten.“

In der U3: Elisa, 21, studiert Publizistik und Politikwissenschaften. Jeden Morgen kämpft sie sich durch das U-Bahn-Dickicht.

Eigentlich versuche ich, die Fahrt mit der U3 zu den Stoßzeiten zu vermeiden. Aber manchmal geht es einfach nicht anders, so wie heute. Ich wohne am Fehrberlliner Platz, laufe aber meistens zum Hohenzollerndamm. Da ist die Bahn noch leer und ich bekomme einen Sitzplatz. Purer Luxus um diese Uhrzeit und die beste Position im bevorstehenden Gedränge! Schnell noch die Jacke ausziehen, mir wird in der Bahn immer warm. Dann kommt der Ansturm. Ich fühle mich bedrängt von all den Menschen. Dauernd tritt jemand auf meinen Fuß oder schlägt mir seine Zeitung ins Gesicht – denken die Leute wirklich jetzt sei ein guter Zeitpunkt, um die auszupacken?

Ich steige am Thielplatz aus. Nach Dahlem-Dorf wird die Fahrt entspannter, ich ziehe meine Jacke wieder an und kann mich ein wenig regenerieren. Wenigstens bis zum nächsten Gedränge an der Treppe. Meine Taktik? Einfach aushalten, eine bessere hab’ ich auch nach fünf Semestern hier nicht.

Richtig schlimm war es, als ich letztes Jahr mit gebrochenem Bein im Rollstuhl saß. Einmal haben mein Freund und ich versucht, uns mit seinem Fahrrad und meinem Rollstuhl in die volle Bahn zu quetschen. Natürlich ging das nicht gut und am Ende musste er sein Rad mit einem Sprung durch die sich schließenden Türen retten und ich saß verlassen und ein bisschen hilflos in meinem Rollstuhl am Bahnsteig. Dabei bin ich sonst eine von denen, die sich immer noch in den Wagen quetschen. All meinen Mitfahrern empfehle ich natürlich, eine Bahn abzuwarten.

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„Radio ist sowieso bald tot“
In der Mensa: André ist 31 und studiert Philosophie und Religionswissenschaften an der FU.

Ich esse Nudeln mit Partyfrikadellen. Die heißen echt so! Ist aber auch nur ganz normales Hackfleisch. Ach ja: Außerdem Iebe ich in Potsdam, weil mir Berlin zu anstrengend wäre. Ich muss nicht jeden Tag auf Partys gehen und würde außerdem die Natur vermissen.

Vor zehn Jahren habe ich ein Studium angefangen, in Rostock. Damals war Studieren noch anders. Man hatte mehr Vorlesungen und weniger kleine Seminare. Deshalb finde ich, dass die Umstellung auf Bachelor und Master das Studium etwas entanonymisiert hat. Es ist leichter, Kommilitonen in kleineren Seminaren kennenzulernen, als in Vorlesungen, in denen zum Teil mehrere hundert Studierende sitzen. Das Studium habe ich damals nach wenigen Semestern wieder abgebrochen, als ich ein Praktikum beim BBRadio bekommen habe. Beim Radio zu arbeiten war immer mein Traum. Jetzt bin ich wieder an der Uni gelandet. Ich wollte den Konkurrenzdruck und die nervenraubenden Arbeitszeiten nicht mehr. Hier kann ich mich endlich mit den Dingen beschäftigen, die mich wirklich interessieren. Außerdem ist Radio als Massenmedium in spätestens zehn Jahren sowieso tot.

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„Nervige Behördengänge“
In der ZEDAT: Julian Daum ist 20 Jahre und kommt aus Bayern. Er studierte in Potsdam Germanistik und Geschichte. Jetzt probiert er es an der FU.

Ich wollte jetzt eigentlich lernen. Ich komme oft her, wenn ich Pause habe. Verzweifelte Studenten habe ich bisher nicht gesehen. War immer sehr ruhig.

Campus Management ist schon eine Vereinfachung. Ich finde gut, dass man alles von zu Hause aus machen kann. Das Problem ist aber, dass man bestimmte Fristen einhalten muss und wenn irgendwas nicht klappt, kann man manuell nichts machen. Weil ich meinen Studentenausweis nicht rechtzeitig gekriegt habe, konnte ich mich nicht übers Campus Management anmelden. Ich musste zu jedem Prof gehen und hatte die nervigen Behördengänge am Ende trotzdem.

Mir gefällt es an der FU besser als in Potsdam, das ein bisschen kleiner ist, weil hier die Lehrbedingungen sehr viel besser sind. Ich saß dort in jeder Veranstaltung in einem überfüllten Raum. Das Problem habe ich hier gar nicht mit zehn, fünfzehn Leuten in einem riesigen Seminarraum. Mir kommt die Betreuung einzelner Studenten noch sehr individuell vor.
Ich komme hierhin und ziehe meine Ausbildung durch und das war’s. Vielmehr Anspruch habe ich eigentlich gar nicht.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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1 Response

  1. 28. Januar 2011

    […] 4 / 40 000: 4 Stu­die­rende an 4 über­quel­len­den Orten […]

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