Fleischlust und Mensafrust

Sie sind jung, sie sind gebildet, sie essen Tierleichen: Die Fleischfreunde von der „Liste gegen die Veggie-Mensa“. Ab Donnerstag werden zwei von ihnen im StuPa sitzen. Katharina Hilgenberg und Matthias Bolsinger sprachen mit dem Spitzenkandidaten Jeldrik Hanschke über anständiges Essen und vegetarische Propaganda.

Fleisch ist ihr Gemüse: Der Anti-Veggie-Liste reicht’s mit dem Tugenddiktat. Illustration: Cora-Mae Gregorschewski.

Laut Statistik verspeisten die Deutschen im vergangenen Jahr pro Kopf 39 Kilogramm Schwein, 8,5 Kilo Rind und elf Kilogramm Geflügel. Empfohlen wird halb soviel. Eure Forderung die Veggie-Mensa abzuschaffen, wirkt unzeitgemäß. Brauchen wir Fleisch zum Studieren?

Fleischkonsum ist keine Frage der Gesundheit, sondern eine individuelle Entscheidung. Ich will mich einfach keinem Gesundheitsdiktat unterordnen. Ob ich trinke oder rauche, lass ich mir ja auch nicht vorschreiben – schon gar nicht vom Studentenwerk.

Im Wahlkampfes hieß es, ihr wärt eine Tarnliste. Woher kam dieses Gerücht?

Ein paar Leute von uns haben früher für andere Listen auf hinteren Plätzen kandidiert. Aber man kennt ja den StuPa-Wahlkampf – eine eklige Schmierentheater-Scheiße. Es gibt immer solche Gerüchte, wenn eine neue Liste an den Start geht. Wir sind auf jeden Fall alle überzeugte Fleischesser.

Ihr habt einen einen eigenwilligen Ansatz. Wieviel an eurer Liste ist Politik, wieviel ist Spaß?

Ich studiere Politikwissenschaft, da stellt sich immer die Frage, was Politik überhaupt ist. Wir verbringen einfach viel Zeit an der Uni, und darum wollen wir uns hier auch wohlfühlen. Anständiges Essen gehört für uns dazu. Wir sind hier schließlich nicht in Mitte, wo man an jeder Ecke einen Dönerladen hat. Sich jeden Morgen für acht Stunden Uni Stullen schmieren zu müssen, ist einfach nicht akzeptabel.

Eure Wähler haben euch zwei Mandate im StuPa beschert. Von den 44 vertretenen Listen haben nur 11 mehr als einen Sitz ergattert. Wie erklärt ihr euch den Erfolg?

Wir haben nie wirklich damit gerechnet. Wir kannten nicht mal das Wahlverfahren (lacht). Wir scheinen einen Nerv getroffen zu haben. Viele sind von dem eingeschränkten Angebot der Veggie-Mensa betroffen, vor allem die Juristen und OSI-Leute. Die anderen Listen haben alle ein ähnliches Programm: Bachelor-Reform, Master-Zugang, Anwesenheitskontrollen. So ein „lokales“ Thema war für viele wohl ganz interessant.

Angesichts von Massentierhaltung und Dioxinskandalen, kommt uns als Studierenden nicht eine Verantwortung für die Zukunft zu?

Ich bin natürlich kein Fan von Dioxinfleisch und Massentierhaltung. Bekäme ich mehr BAföG, würde ich gerne Bio-Fleisch essen. Für mich ist eine bessere Welt aber keine Frage von Fleisch oder nicht Fleisch.

Ihr steht mit euren Forderungen – so scheint es bisher aber – allein auf weiter Flur. Wie stehen denn andere Listen zu euren Forderungen?

Wir sind nicht allein! Das letzte StuPa hat sich gegen diese De-Facto-Mensaschließung ausgesprochen. Vor zwei Jahren war sogar noch von einer Komplettschließung die Rede. Es wurde dann zumindest durchgesetzt, dass die Mensa erhalten bleibt, mit Essen zu Studentenpreise. Wenn im April die Jura-Bibliothek wieder auszieht, muss so oder so saniert werden. Dann sind die oberen Etagen frei. Unser zentrales Anliegen ist Verbesserung der Sitzplatzsituation und die Öffnung der Dachterrasse für den Sommer – mit dem Grill, den es früher dort gab. Wir sind mit ein paar Listen im Gespräch und sehen da auch keine großen Widersprüche. Eine bloße StuPa-Resolution interessiert aber erst einmal niemanden, solange es nicht auch Druck auf das Präsidium und das Studentenwerk gibt.

Die alte Mensa war sanierungsbedürftig. Die Gästezahlen gingen zurück und die Forderung nach einer Ausweitung des vegetarischen und veganen Angebots stand im Raum. Hat das Studentenwerk hat damals Vegetarier gegen Fleischesser ausgespielt?

Die Proteste waren anfangs laut. Mit dem Namen „Veggie-Mensa“ ließ sich gut Propaganda machen. Viele vergaßen, dass schon vorher vegetarisches Essen im Angebot war. Auf einmal hatte das Studentenwerk eine gute Presse, der Tagesspiegel bezeichnete die FU sogar als „Vorreiter“. Mit begrenztem Publikum war dann das Platzproblem gelöst. Wir wollen die ursprüngliche Mensa wieder, auch wenn die bezuschusst werden muss. Wir wollen anständiges Essen! Außerdem reicht eine große Mensa nicht für diesen weitläufigen Campus.

Das StuPa beschäftigt sich mit im Gegensatz zu euch mit vielen verschiedenen Themen. Welche davon könnt ihr noch für euch entdecken?

Das fragen wir uns auch. Die Einladung zum StuPa bestand aus zig Seiten mit irgendwelchen Anträgen. Wir werden das ganz pragmatisch angehen. Was der AStA bisher gemacht hat, finden wir nicht schlecht. Es gibt ein vernünftiges Beratungsangebot, die Rückerstattung für das Semesterticket war auch eine gute Sache. Die AStA-Koalition hat sowieso eine Mehrheit. Und die Opposition verstrickt sich in merkwürdigen Querelen. Ob da jetzt irgendwer in einem Ausschuss sitzt oder nicht, ist uns scheißegal. Wir richten uns danach, was unser Studium verbessert und was nicht.

Ein Blick in die Zukunft: Wie wird in fünf Jahren hier gespeist werden?

Dann bin ich hoffentlich nicht mehr hier. Wir wollen schon viel schneller etwas erreichen. Im Mai kommt ja hoffentlich der Sommer, schönes Wetter, Sonnenschein. Vielleicht steht dann ja schon ein Grill auf der Dachterasse.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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