Ein rattenscharfes Debüt am JFK

Das JFK Institut hat die Theaterwelt für sich entdeckt. Zu Beginn dieses Semesters haben sich hier „The Poor Kennedys“ formiert, die erste englischsprachige Theatergruppe unserer Universität. Am vergangenen Dienstag und Mittwoch präsentierten sie ihr Ergebnis: „The Rat Trap“. Valerie Schönian besuchte die zweite Vorstellung.

„The Poor Kennedys“ verbeugen sich vor ihrem begeisterten Publikum. Foto: Burcin Tetik.

Wenn man Nadia fragt, ob sie nervös ist, antwortet sie: „Not as nervous as yesterday.“ Nadia Nejjar gehört zum Cast von „The Poor Kennedys“, die am Dienstag die Feuerprobe mit ihrem Debütstück „The Rat Trap“ wagten. Die meisten Mitwirkenden der 13-köpfige Theatergruppe studieren am JFK Institut, aber auch Studenten aus der Philologie und Wirtschaftswissenschaft sind dabei. Verena Berger ist die Initiatorin des Projekts. Nachdem sie bereits während ihres Studiums in den USA Theater spielte, befand sie, solch englisches Theater fehle der FU: „Eines Morgens am Küchentisch dachte ich dann: Ach, ich mach das jetzt einfach mal“ – Gesagt, getan.

Was mit einer Idee begann, wuchs schnell zu einem konkreten Konzept. Schnell waren Theaterbegeisterte gefunden, die bereit waren, sich mit ihren Ideen und Erfahrungen einzubringen. Eine von ihnen war Kaja Steinbuch, die das Drehbuch von „The Rat Trap“ lieferte. Kaja kommt aus Slowenien und macht an der FU gerade ihren Master in Englischer Philologie. Das Stück schrieb sie binnen zwei Monaten für eines ihrer Seminare. Bei den anderen Kennedys löste es schon beim ersten Lesen Begeisterung aus. „Es war ein brillantes Stück.“, sagt Verena. Also machten sich die Hobbyschauspieler an die Arbeit. Nur zu neun Proben konnten sie sich zusammen finden. „Wir teilen alle eine Leidenschaft für das Theater, aber wollten es nicht zu verbissen sehen“, erklärt Verena, „es ging vor allem um Spaß und sollte simpel sein.“ Doch das Ergebnis erweckt einen anderen Eindruck.

„Es ist ein brillantes Stück“

Erzählt wird die Geschichte von George und seiner Familie: Von seiner Mutter, Taxifahrerin, seiner Schwester, die Liebeskummer hat und seiner Großmutter, die alle tyrannisiert. Angelpunkt der Handlung ist ein Warteraum. George betritt ihn in dem Glauben auf den Aufruf vom Arzt zu warten. Doch dann bricht Verwirrung aus: Es gibt keinen Arzt. Die anderen Wartenden kennen George namentlich, aber Georg selbst kennt keinen von ihnen. Plötzlich betritt Michael Jackson mit einer genialen Tanzeinlage die Bühne. George und das Publikum sind verwirrt. Was passiert hier? Wo befinden sich die Protagonisten wirklich? Die Frage lässt sich so wenig beantworten, wie die, ob Michael Jackson tot ist: Ist sein Tod, genau wie sein Leben, vielleicht nur ein Produkt der öffentlichen Phantasie? Eine Wartende fragt George, ob er, George, ihn jemals wahrhaft gesehen oder gerochen habe? Die Grenzen zwischen Georges Phantasie und Realität verschwimmen.

Die vermeintliche Realität springt zwischen Rückblenden und Gegenwart. Als der Vater die Familie verließ, erzählte die Großmutter den damaligen Kleinkindern abstruse Geschichten von „dieser Ratte“ , die nach Malaysia gegangen sei und Tiger trainiere. Noch immer wohnt die Großmutter bei dem Rest der Familie, obwohl sie ihre Tochter psychisch fertig macht. Auf einmal sieht man George mit einer Waffe. Was er damit vorhat, bleibt offen. Schließlich beschließt George mit seiner Schwester nach Malaysia zu reisen.

Und immer wieder befinden wir uns im Wartezimmer- irgendetwas scheint in Malaysia passiert zu sein. Inzest? Wir wissen es nicht. Und Michael Jackson ist auch verschwunden – oder war er jemals wirklich da? George möchte heraus aus diesem Wahnsinn, doch alle Türen sind versperrt. Warum kann er das Wartezimmer nicht verlassen? Worauf wartet er denn? Es stellt sich heraus, – wie vom aufmerksamen Zuschauer wahrscheinlich erwartet, – das Wartezimmer ist ein Kopfgespenst Georges. Nur er allein kann entscheiden, wann er es verlassen kann. In dem Moment öffnen sich die Türen und eine Ratte betritt den Raum. Sie nimmt George bei der Hand und führt ihn aus dem Wartezimmer.

Kaja Steinbuch hat hier kein Stück der leichten Kost verfasst. Viele Fragen bleiben offen, vieles unverstanden. Außer der scheinbar unerwarteten Erleuchtung Georges am Ende der Inszenierung gibt sie dem Zuschauer ausschließlich Dornen statt Rosen und hat damit verstanden, was wahres Theater ausmacht. Es ist nicht möglich den Saal zu verlassen ohne weiter über die offenen Fragen zu grübeln. Was wollte uns das Stück sagen? Eine richtige Antwort gibt es nicht. Eine alte Dame erzählt am Ende des Stückes von einem Nachbarsjungen, der einfach verschwunden ist. Was ist mit George passiert? Hat er sich umgebracht? Wohin ist er mit der Ratte gegangen? Zurück in die Realität oder noch tiefer in den Irrsinn? Und ist der Vater hier nun die Ratte, die die Familie verlässt oder der Held, der George aus dem Wahnsinn rettet? Kaja lässt in ihrem Stück einen riesigen Spielraum für Interpretationen.

Alles selbst gemacht

Alles an diesem Projekt ist selbst gemacht – das Drehbuch, das Bühnenbild, die Requisite, fast die ganze Organisation. Die wenigen Proben und das nicht vorhandene Budget merkte man der Inszenierung nicht an. Unter diesem Aspekt ist der Theatertruppe hier wahrhaft Großartiges gelungen. Vom Licht bis zum Bühnenbild wirkte alles fast professionell. Auch einige schauspielerische Größen haben sich bei den Kennedys versteckt. Vor allem die grausame Großmutter sorgte mit ihrem tiefschwarzen Sarkasmus, ihrer Mimik und Gestik für viel Gelächter im Publikum.

Leider waren dies die einzigen zwei Vorstellungen von „The Rat Trap“. Jeder, der nicht dabei war, hat eindeutig etwas verpasst. Doch man darf auf mehr hoffen. Verena will das Projekt im nächsten Semester auf jeden Fall weiter führen. Jedoch wird ein Großteil des Hauptcasts ins Ausland gehen. Es werden also neue Mitglieder gesucht! Liebe Mitstudierende, wenn ihr die englische Sprache liebt und euch mal ausprobieren möchtet, ob im Schreiben oder spielen – das ist eure Gelegenheit!

Stimmen zum Stück:

– Krass – Unglaublich, dass sie es in so kurzer Zeit geschrieben hat, ich dachte, das Stück gab es schon – Unterhaltsam – Hat kurz gedauert, bis ich es verstanden habe – Skurril, aber gut – So professionell – Excellent –

Cast and Crew

Verena Berger, Mara Bierbach, Sina Gellermann, Bruno Jahn, Laura Gertken, Nadia Nejjar, Carolina Dominguez Alarcon, Sylwia Jedyczowska, Jay Pocklington, Karthik Reddy, Jana Klaes, Camille Barrera, Kaja Steinbuch, Karolina Kowaiski, Damjan Majkic

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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3 Responses

  1. Burcin Tetik sagt:

    Thank you for editing.

    Great article for the great play!

  2. Verena sagt:

    Toller Artikel! Danke! Tolle Gruppe!

  3. Burcin Tetik sagt:

    Would be nice to take the credit for the photo I’ve taken. Not a huge deal, but would be very very nice.

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