Heftbonus — Schönheit im Kopf

Wahre Schönheit kommt eben doch von innen: Sie entsteht im Gehirn. Was dem Zustandekommen von Schönheit zugrunde liegt und wie wir sie für uns nutzbar machen können, ergründet die Neuroästhetik. Von Judita Koziol.

Illustration: Valerie Schönian

Wieso finden wir uns schön? Generationen von Denkern haben sich über diese Frage den Kopf zerbrochen. David Hume war der Meinung, dass die Schönheit allein im Geist des Betrachters liege, Plato glaubte an die Idee einer Schönheit. Was früher die großen Philosophen umtrieb, beschäftigt heute die Neuroästheten: Sie versuchen eine Brücke zu schlagen zwischen Philosophie, Kunst und Neurowissenschaft. Wie stellt sich ideale Schönheit in unseren Gehirnaktivitäten dar? Welches Verhältnis besteht zwischen Schönheit und Begierde?

Um diese Fragen zu beantworten, gründeten Neurowissenschaftler 2008 die Association of Neuroesthetican an der Berliner Charité. Initiator ist Dr. Alexander Abbushi, Arzt an der Klinik für Neurochirurgie im Virchow-Klinikum. Dr. Abbushi sieht die Neuroästhetik als „Erforschung der neurologischen Grundlagen von Kreativität, Ästhetik und Kunstwahrnehmung und subjektiven Bewusstseinszuständen wie Liebe, Hass, Schönheit.“ Kreative Prozesse sollen also als Ausdruck von Gehirnfunktionen verstanden und auf neurobiologische Vorgänge zurückgeführt werden. Der Neuroästhetik wird deswegen vorgeworfen zu vereinfachen – soll die Schönheit entzaubert werden? „Nein“, erklärt Dr. Abbushi. Das Ziel der Forschung sei nicht, Kunst auf eine Formel zu reduzieren, sondern mehr über sie zu erfahren.

Das Schönheitsempfinden verdanken wir dem Orbitallappen, unserem Lust- und Belohnungszentrum im Gehirn. Sobald wir etwas als schön empfinden, geben die Neuronen Signale ab. Erscheint uns etwas neutral oder hässlich, ruhen sie. Um die hochkomplexen und technologischen Forschungen zu veranschaulichen, bedienen sich die Wissenschaftler der Computertomographie. Dabei lässt sich die Hirnaktivität auf einem Bildschirm nachverfolgen – so ist es ein Leichtes, dem Gehirn bei der Arbeit zuzusehen.

Praktische Anwendung findet die neuroästhetische Forschung vor allem in der Kunst, wenn es herauszufinden gilt, was uns gefällt und wie wir Kunst empfinden. Der Kunstmarkt etwa würden sich wohl schlagartig verändern, wenn man wüsste, wie sich Ästhetik massentauglich produzieren ließe.

Ein Kollege des Berliner Neurowissenschaftlers Dr. Abbushis vermutet dagegen, die Faszination von Werken wie der „Mona Lisa“ oder „der Erschaffung Adams“ liege gerade in ihrer Doppeldeutigkeit. Noch mag man die geheimnisvolle Schönheit der „Mona Lisa“ nicht erfasst haben. Geht es nach der Neuroästhetik, wird aber auch dieses Geheimnis bald gelüftet werden. Die Idee jedenfalls wäre schön.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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