Extrem laut und unglaublich Bla

Max Krause studiert eigentlich Mathematik. Für FURIOS wagt er sich in Räume, die er bisher nur vom Hörensagen kannte. Eindrücke aus einem Literaturseminar.

Wo bin ich hier gelandet?

Wo bin ich hier gelandet? Illustration: Christoph Spiegel

So also sieht ein Literaturwissenschaftsseminar von innen aus. Meine Vorstellungen bestätigen sich auf den ersten Blick: Schon der Dozent wirkt mit seinem aus dem Strickpullover stehenden Hemdkragen und den zerzausten Haaren wie die Karikatur eines Literaten; die Teilnehmer sind Studierende von dem Typ, der sich gern gegenseitig als Hipster beschimpft. Das Seminar eröffnet ein besonders eloquenter Kommilitone mit einem Referat. Genüsslich erzählt er von Foucaults Text, dem Stoff der Woche. Natürlich darf auch ein Verweis auf Werke anderer Philosophen nicht fehlen.

Zum Schluss wird noch ein Fight-Club-Zitat gereicht, um klar zu machen, dass für den Vortragenden Hoch- und Popkultur kein Widerspruch sind. Am Ende des Vortrages weiß ich zwar wenig über den Text, dafür aber umso mehr über das Geltungsbedürfnis des Referenten. Dann beginnt das, was sich unter Geisteswissenschaftlern wohl gemeinhin »Diskussion« schimpft: ein Feuerwerk aus Worthülsen und Satzkonstruktionen, deren Sinn sich mir nicht erschließt.

Da sollen „sedimentierte Alltagsideologien aufgebrochen“ werden, es wird behauptet, die Wahrheit habe die Aufgabe, sich selbst zu verschleiern, und überhaupt: Als Strukturmotiv einer Archäologie der Wissenschaften könne der Wahrheitsbegriff nicht weggedacht werden. Genau! Als eine Studentin irgendwann die Frage stellt: „Diskurseffekt – was heißt das überhaupt?“, bin ich ihr zutiefst dankbar; eine Antwort bleibt die Runde aber leider schuldig. Überhaupt scheint man hier weniger an Antworten als vielmehr am Klang der eigenen Stimme interessiert zu sein. Als die Stunde zu Ende geht, bin ich froh, aus diesem trüben Sumpf der Worte wieder in die klare Welt der Zahlen zurückkehren zu dürfen. Die Literaten überlasse ich lieber sich selbst – damit sind sie beschäftigt genug.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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1 Response

  1. Susanne sagt:

    Selten so gelacht! Ich stimme dir 100 % zu.

    Viele Grüße von einer Literaturstudentin

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