Jesucristo Superstar

Mexiko ist ein Land in ständigem Wandel. Zwischen Tradition und Moderne, Natur und Verstädterung, Drogenkrieg und Wachstum. Doch Lev Gordon weiß auch von Konstanten zu berichten.

Vor der pompösen Kathedrale in Oxaca genießt der Nacktmull die mexikanische Sonne. Foto: Lev Gordon

Vor der Kathedrale in Oxaca genießt der Nacktmull die mexikanische Sonne. Foto: Lev Gordon

Wüste, Tequila und riesige Sombreros – so habe ich mir Mexiko ausgemalt. Doch schnell habe ich feststellen müssen, dass es „das“ Mexiko gar nicht gibt. Bei meiner Durchreise offenbarte sich die Größe und die Vielfalt des Landes.

Nur das Bildnis Jesu hat mich überall hin begleitet. Nach sechs Stunden Busfahrt habe ich die kühle Bergluft von Mexiko Stadt weit hinter mir gelassen. Hier in Oaxaca (sprich: Ua-‘Ha-Ka) empfängt mich trockende Luft und sengende Hitze.

Den Nacktmull stört das nicht – auf dem Foto räkelt er sich vor der Kathedrale der Mariä Himmelfahrt. Der majestätische Bau erhebt sich auf dem zentralen Platz der Stadt, dem Zocalo.

Es scheint, als sei das Gebäude aus nur einem Stein gemeißelt. Innen ist es angenehm kühl, fast wie in einer Grotte. Doch Wände und Ornamente lassen keinen Zweifel daran, dass man sich an einem heiligen Ort befindet. Alles scheint mit einem Film aus Blattgold überzogen zu sein.

Religion zieht sich wie eine Konstante durch das gesamte Land. Ein Sakralbau ist pompöser als der nächste. Doch während bei uns in Europa die Zahl der Gläubigen sinkt, sind Jesus und Maria unverändert beliebt in Mexiko. Wieso spielt der Glaube hier eine so wichtige Rolle?

Die Antwort offenbart sich mir in einem Reisebus: Wir befinden uns gerade in einer steilen Kurve, da setzt von links plötzlich ein riesiger Tanklaster zum Überholmanöver an. Rechts nur eine schmale Leitplanke und eine tiefe, dunkle Schlucht. Vorne der Busfahrer, der konzentriert einer Predigt im Radio lauscht.

In dem Moment wird mir klar, dass es in Mexiko besser ist, den Frieden mit Gott geschlossen zu haben. Denn manchmal ist es nur ein Windhauch, der Leben und Tod voneinander trennt.

Alle Teile der Serie „FURIOS auf Rei­sen“ gibt es hier.

Frontpage-Illus­tra­tion: Cora-Mae Gregorschewski

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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