Die Junge Union möchte die verfasste Studierendenschaft abschaffen. Der Asta der FU ist entrüstet. Auch der CDU-nahe RCDS zeigt sich nicht begeistert. Von Veronika Völlinger
Zwei Sätze sind nicht viel. Schon gar nicht gemessen an dem 54-Seiten-Werk, das mit „Grundsatzprogramm der Jungen Union Deutschlands“ (JU) überschrieben ist. Trotzdem haben jene zwei Sätze auf Seite 15 einen kleinen Sturm im Studierenden-Kosmos ausgelöst. Im Wortlaut macht sich die CDU-Jugendorganisation „für eine Abschaffung der verfassten Studierendenschaft stark. Das Geld für Allgemeine Studierendenausschüsse (ASten) ist in der personellen und technischen Ausstattung unserer Hochschulen besser angelegt.“ Punkt. Weiter mit Außen- und Sicherheitspolitik.
Schon im August sickerte durch, dass sich die JU in ihrem neuen Grundsatzprogramm – zumindest auf dem Papier – der Studierendenvertretung entledigen will. Jetzt haben die Mitglieder ihre Forderung offiziell publik gemacht.
Immer wieder werden Vorwürfe gegen Asten verschiedener Unis erhoben. Ihr Geld erhalten sie über die Semesterbeiträge der Studierenden (siehe Infokasten unten). Angeblich sollen sie das verschleudern, verlieren und für nicht-universitäre Zwecke einsetzen. Laut einem Bericht in „Zeit Campus“ von 2010 soll der Asta der FU 176.000 Euro an Bürgschaften vergeben haben, die er nie wieder sah.
Unmotivierte Urnengänger
Kritik gibt es außerdem wegen der geringen Beteiligung bei den Wahlen der Studierendenvertreter. Bei der Stupa-Wahl im Januar 2012 lag die Wahlbeteiligung laut Asta bei 11,35 Prozent. Hier stellen Kritiker immer wieder die Frage, wie viel Legitimation eine Studierendenvertretung hat, die mehr als 88 Prozent der Studierenden nicht gewählt haben.
Doch aus Unionskreisen hagelt es Kritik für die Forderung der JU. „Dass man eine Vertretung der Studenten braucht, die sich demokratisch zusammensetzt, ist für mich selbstverständlich“, sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bei der Bundesdelegiertenversammlung des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) in Berlin. Dessen Bundesverband lehnt den Vorstoß der JU ab.
Auch der RCDS an der FU ist wenig begeistert. „Für uns ist das keine Option“, sagte Pressesprecher Nico Aust zu FURIOS. Es sei wichtig, dass die Studierenden vertreten werden. Warum sich die JU gegen ihre studentische Schwesterorganisation wendet, will er nicht beurteilen. Die JU bleibe eine eigenständig handelnde Organisation – unabhängig vom RCDS.
Konservative Kritik – Linkes Lob
Dennoch sieht Aust Probleme bei der aktuellen Studierendenvertretung. Der Asta sei „undemokratisch“. Die Opposition, zu der auch der RCDS gehört, könne im Stupa nicht richtig arbeiten. Vom Asta fordert er mehr Toleranz gegenüber dem politischen Gegner.
Der Asta der FU geht hart mit der JU und ihren Plänen ins Gericht. Die Forderungen zeugten von einem „erschütternden Demokratieverständnis“, teilte der Asta mit. Erklären könne er sich die Abschaffungspläne nur durch die „rückwärtsgewandten, intoleranten Ideologien“ der CDU-Jugendorganisation.
Die Studierendenvertreter würden die studentische Selbstverwaltung verteidigen und sich für diejenigen einsetzen, die unter hohen Belastungen leiden. „Die studentischen Beratungs- und Unterstützungsangebote werden exakt als solche sehr gerne wahrgenommen“, sagte der Asta.
Eine tatsächliche Abschaffung der verfassten Studierendenschaft steht nicht bevor. Zu gering ist der Einfluss der JU, zu laut der Protest gegen die Forderungen. Aber es brodelt – geringe Wahlbeteiligung, intransparente Haushaltsplanungen und der fortwährende Zwist zwischen Asta-tragenden Listen und der Opposition im Stupa sorgen weiterhin für Verdruss. Bei Vertretern und Vertretenen.
Die verfasste Studierendenschaft: