Für eine farbenfrohe FU

Nach dem Eklat um das Tragen von Verbindungskleidung fragen wir uns: Couleurs an der Uni – Ja oder Nein? Kirstin MacLeod sagt Ja. Sie findet, dass ein Klamottenkrieg keine Probleme lösen wird.

Mützen und Schärpe in den Farben verschiedener Burschenschaften. Illustration: Luise Schricker

Kragen hoch, Band um, Mütze auf! Der Dresscode für Verbindungs- und Burschenschaftsmitglieder ist eigen. Verbindungsbrüder bekennen nicht Farbe, sie tragen „Couleurs“. Übersetzt heißt das nicht mehr, als dass sie das spezifische Band in den „eigenen“ Farben um den Oberkörper legen und die charakteristische Mütze auf den Kopf setzen, die etwas an die Zeiten Bismarcks erinnert.

Überhöhter Patriotismus und wertkonservative Weltsicht hin oder her, diese Accessoires sind nicht von vornherein rechtsradikal oder gar fremdenfeindlich – auch wenn Verbindungsmitglieder an der von Rudi Dutschke geprägten FU stets mit diesen Vorwürfen kämpfen müssen. Der Platz ihrer „Ideologie“ im politischen Spektrum sei dahingestellt. Sicherlich stehen sie im Vergleich zum Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) deutlich weiter rechts.

Aber wer Mitglied in einer Verbindung ist, identifiziert nicht per se mit rechtsextremem Gedankengut. Nur weil es die eine oder andere Burschenschaft gibt, die das offenkundig tut, werden oft alle Studentenverbindungen gemeinsam über einen Kamm geschert und mit Stempel „rechts“ versehen. Wer sich dann auch noch entsprechend kleidet, wird als Provokateur verstanden. Band und Mütze gehörten deshalb nicht auf den Campus, so die zahlreichen Kritiker an der FU.

Was in einer kleineren Studentenstadt unvorstellbar wäre, ist damit in einer weltoffenen Großstadt wie Berlin breit anerkannter Konsens. Sollte weltoffen nicht aber Toleranz bedeuten, die zumindest soweit reicht, dass Farbentragende nicht sofort als Nazis abgestempelt werden? Wie tolerant sind Studierende, die sich vom Farbentragen provoziert und beleidigt fühlen, sich an T-Shirts mit roten Sternen und Taschen mit ostalgischen Hammer-und-Sichel-Motiven keineswegs stören? Vereinzelte aus den 1990er-Jahren verbliebene Arafat-Tücher assoziieren schließlich die Wenigsten mit der israelfeindlichen PLO.

Kleidung drückt Freiheit aus

Auch solche Kleidungsstücke und Accessoires unterscheiden sich in ihrem Zweck nicht von Verbindungsband und -Mütze. Sie alle sind Ausdruck persönlicher Freiheit und Vorlieben. Das Problem liegt vor allem im Symbolcharakter derartiger oberflächlicher Attribute. Nicht jeder Träger roter Sterne ist Kommunist und so eben auch nicht jeder Mützenträger ein Neonazi. Dieser Fakt wird im herrschenden Klamottenkleinkrieg jedoch in den Schatten gestellt.

Studentische Gruppen mit bestimmten Werten, seien sie links oder rechts, werden sich durch eine solche Diskussion noch weiter voneinander entfernen als bisher. Damit ist niemandem geholfen, es sei denn, beide Seiten schätzen allein den schmutzigen und unsachlichen Dialog. Wenn die Burschen also nur, und wirklich nur, oberflächlich durch ihre Kleidung ihren Hintergrund signalisieren, warum sich daran stören?

Was zählt, sind die Inhalte unter der Oberfläche: Populistische rechtsextreme Propaganda ist keinesfalls zu tolerieren. Ein Stück Stoff und eine Mütze aber sollten, wenn überhaupt, nur den eigenen Geschmack stören – und über den lässt sich bekanntlich streiten. Symbolcharakter hin, Symbolcharakter her, eine Mütze allein verletzt niemanden. Statt darüber zu diskutieren sie abzunehmen, sollten wir uns lieber mit den Wertvorstellungen dahinter befassen. Mit einem Klamottenkleinkrieg ist niemandem geholfen.


Die Gegenposition bezieht Veronika Völlinger hier.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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3 Responses

  1. Martin sagt:

    Die Studenten der FU sollten bedenken, ob sie Staatssekretäre und Professoren über ihre Kleidung bestimmen lassen wollen. Das gilt auch für diejenigen, die durch das angestrebte Farbenverbot nicht betroffen wären. Wenn es einmal anfängt, wo soll es enden: 500 Jahre zurück beim Scholaren im Klerikergewand?

  2. Alex sagt:

    “Sollte welt­of­fen nicht aber Tole­ranz bedeu­ten, die zumin­dest soweit reicht, dass Farb­en­tra­gende nicht sofort als Nazis abge­stem­pelt wer­den? Wie tole­rant sind Stu­die­rende, die sich vom Farb­en­tra­gen pro­vo­ziert und belei­digt füh­len, sich an T-Shirts mit roten Ster­nen und Taschen mit ost­al­gi­schen Hammer-und-Sichel-Motiven kei­nes­wegs stö­ren?”

    Ein wirklich furioser Kommentar!
    Danke!

    (Ein Mitglied einer nicht farbentragenden Studentenverbindung, da diese eine Abgrenzung von der Studentenschaft über den “Sym­bol­cha­rak­ter der­ar­ti­ger ober­fläch­li­cher Attri­bute” für sich ablehnt, der aber das Recht einer Bekleidung aller Studenten mit Bändern und Mützen ebenso wie mit Che-und Roter-Stern-Shirts für richtig und wichtig hält und der schon öfter beiderlei in Kombination gesehen hat.)

  3. Sam PORRAN sagt:

    Didn’t Voltaire say something about defending the rights of those you disagree with….?

    Dress conventions rules can be benign (black at funerals), or evil (yellow etc stars).

    On the whole funny hats seem quite harmless though, more akin to rights-of passage than right-extremism.

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