Psychotherapeuten in Ausbeutung

Angehende Psychotherapeuten müssen ein Jahr in der Klinik arbeiten – bezahlt werden sie dafür kaum. Dagegen sind jetzt Hunderte Betroffene auf die Straße gegangen. Lily Martin war dabei.

Die Pychologen wollen in der Ausbildung besser bezahlt werden. Foto: Lily Martin

Die Psychologen wollen in der Ausbildung besser bezahlt werden. Foto: Lily Martin

Etwa 400 Psychologen haben auf der Friedrichstraße für bessere Ausbildungsverhältnisse demonstriert. Unter den Psychotherapeuten in Ausbildung (Pia), Psychologiestudenten und weiteren Unterstützern waren auch viele Studenten der FU. Weil sich Dozenten des Arbeitsbereichs klinische Psychologie noch gut an ihre eigene Ausbildungszeit erinnern können, hatten sie ihren Studierenden frei gegeben, um zu der Demonstration zu gehen. Mit Tröten, Klingeln, Trillerpfeifen und großen Bannern machten sie auf ihre Situation aufmerksam.

Wer Psychotherapeut werden will, hat einen langen Weg vor sich. Auf mindestens fünf Jahre Studium folgen drei bis fünf Jahre Ausbildung. Mit dem Abschluss erlangt ein „Pia“ seine Approbation. Sie befähigt ihn dazu, selbstständig Psychotherapie mit Patienten durchzuführen.

Der zeitliche Aspekt jedoch ist das geringere Übel. Zur Ausbildung gehört das sogenannte „Psychiatrie-Jahr“ – ein Jahr praktische Arbeit in psychiatrischen Kliniken oder Einrichtungen der psychotherapeutischen und psychosomatischen Versorgung. „Pias“ arbeiten innerhalb dieses Jahres – wie approbierte Psychotherapeuten auch – mit Patienten. Sie führen Patientengespräche, stellen Diagnosen auf, leiten Therapiesitzungen. Der Unterschied: Sie bekommen dafür kaum oder gar kein Geld.

20.000 bis 30.000 Euro kostet die Ausbildung

Als wäre ein Jahr umsonst arbeiten nicht schon genug, zahlen „Pias“ für den Theorieteil ihrer Ausbildung zwischen 20.000 und 30.000 Euro. Die Summe variiert je nach Ausbildungsinstitut. Viele Uni-Absolventen müssen deshalb Kredite aufnehmen. Einige wenige schaffen es, sich neben Ausbildung und praktischer Tätigkeit mit einem Nebenjob über Wasser zu halten.

Kein Wunder also, wenn sich baldige Psychotherapeuten ausgebeutet fühlen. Die Demonstration war Teil einer bundesweiten Protestaktion gegen die Ausbeutung von Psychotherapeuten in Ausbildung. Zur gleichen Zeit gingen Psychologen, Psychotherapeuten und Studenten auch in Köln, Heidelberg und München auf die Straße. Sie forderten gesetzliche Regelungen, die eine angemessene Vergütung entsprechend der beruflichen Qualifikation festlegen. „Verdiene ich, was ich verdiene?“ oder „Biete Therapie: 0 Euro“ hieß es dazu sarkastisch auf den Bannern der Demonstrierenden.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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