Clown oder Pille?

Schulmedizin kontra Alternativmedizin: Die studentische Ausstellung „Wohlsein!“ zeigt, dass beide Ansätze voneinander lernen können. Von Salomé Stühler

Tina Müller, Alrun Schmidtke und Sophie Schmidt (v.l.) mit einer Akupunktur-Puppe. Foto: Salomé Stühler

Wer meint, Rudolf Virchow würde sich im Grabe umdrehen, irrt sich wahrscheinlich. Denn auch der Arzt und Gründer des Medizinhistorischen Museums der Charité habe das herkömmliche schulmedizinische Wissen stets kritisch betrachtet, sagt Thomas Schnalke, der das Museum heute leitet.

Dort haben Studenten der Freien Universität, der Humboldt- Universität, der Technischen Universität und der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft die Ausstellung „Wohlsein!“ gestaltet. Statt der ewigen Debatte um Sinn und Unsinn der Alternativmedizin steht darin die Frage nach einer Zusammenführung dieses Ansatzes mit der Schulmedizin im Mittelpunkt. Schließlich verfolgen beide das gleiche Ziel: Wohlsein.

Im April 2011 entstand das Projekt während eines Tutoriums am Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik der HU. Die studentischen Kuratoren haben sich um Konzeption, Objektbeschaffung und Marketing gekümmert. Oder auch mal eine Vitrine bemalt. „Obwohl ich ein Fach studiere, das sich oft in Ausstellungen präsentiert, habe ich darin kaum Praxiserfahrung“, sagt Sophie, die prähistorische Archäologie an der FU studiert.

Damit ist sie nicht allein, keiner der beteiligten Studenten hat je zuvor eine Ausstellung organisiert. Alrun Schmidtke und Tina Müller von der HU, die studentischen Projektleiterinnen, sehen darin vor allem Vorteile: „Wir gingen dadurch mit einer gewissen Unbedarftheit an die Sache heran und machten uns weniger Sorgen.“ Bei Praktika fanden sie stets feste Arbeitsstrukturen vor. Jetzt konnten sie ihre eigenen Wege gehen.

„Es war spannend zu sehen, dass sich das Gesundheitswissen auf so viele verschiedene Berufsgruppen verteilt“, erzählt Alrun, die Geschichtswissenschaften studiert. Für die Ausstellung sprachen sie nicht nur mit Ärzten, sondern auch mit Homöopathen, Apothekern und sogar Clowns, die beim „Medical Clowning“ Kinder zum Lachen bringen und so die Genesung beschleunigen.

Wohlsein – das ist mehr als nur Abwesenheit von Krankheit. Die Ausstellung möchte auch zeigen, wie man sich um sein Wohl kümmern kann, bevor man krank wird. Sie gibt sogar praktische Tipps: Einfache Übungen, um das angestrengte Auge zu entlasten oder gesunde Ernährung im Sinne einer ayurvedischen Diät.

Zehn Heilmethoden wie etwa Akupunktur oder Bachblüten-Therapie sollen im Charité- Museum nicht nur gezeigt werden, sondern einen Gegenpart zu der Dauerausstellung bilden. Moderne Objekte der Alternativmedizin stehen direkt neben historischen Stücken, kommentieren und ergänzen sie. Das Magenta der „Wohlsein!“-Ausstellungsvitrine hebt sich vom matten Grün der Dauerausstellung deutlich ab – Komplementärfarbe für die Komplementärmedizin.

Die Ausstellungsobjekte der Studenten sollen den Horizont in der festgefahrenen Debatte erweitern. Denn was in den schulmedizinischen Büchern steht, ist nicht zwingend die beste oder einzige Lösung. Ob nun die Bachblüten-Notfalltropfen oder Lachen die beste Medizin sind, darauf gibt die Ausstellung keine Antwort. Frei von Klischees und Vorurteilen betrachtet sie Methoden abseits der Schulmedizin. Denn so verhärtet, wie man meint, sind die Fronten gar nicht mehr. Die Misteltherapie aus der komplementärmedizinischen Krebsbehandlung zum Beispiel wird bereits begleitend bei Chemotherapien eingesetzt.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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