Das pragmatische Scharnier

Die sonstigen Mitarbeiter bilden im Uni-Alltag die Nahtstelle zwischen Lehrenden und Studierenden. Welche Ziele und Erwartungen hat jene Statusgruppe für die Wahlen zum AS? Für den letzten Teil unse­rer AS-Serie beleuchtet Veronika Völlinger die Listen der „Somis“.

Welche Ziele verfolgen die sonstigen Mitarbeiter im AS? Illustration: Valerie Schönian

Sie zeigen den Weg zu den marxistischen Frühschriften in der Bibliothek oder beraten bei Verwirrung mit der Studienordnung: Angestellte der Freien Universität, die im Akademischen Senat (AS) in der Statusgruppe „Sonstige Mitarbeiter“ vertreten sind. Wie die Studierenden und die wissenschaftlichen Mitarbeiter haben sie vier Sitze inne. Um diese Sitze konkurrieren vier Listen, derzeit entfällt auf jede der Listen ein Sitz.

Das Kräfteverhältnis hat sich bei der diesjährigen AS-Wahl auf Seiten der gewerkschaftlichen Listen verschoben. „Ver.di und Interessierte“ stellen 2013 mehr als doppelt so viele Kandidaten auf wie noch 2011. „GEW and Friends“ konnte seine Stärke immerhin beibehalten, während sich die Liste „Die Unabhängigen“ mehr als halbierte und die „Vereinte Mitte“, die auch bei den Professoren antritt, ebenfalls einen Kandidaten weniger aufstellt.

Machtwechsel bei den Gewerkschaftslisten?

Bei den vergangenen Wahlen zum AS wurde die „GEW“-Liste stärkste Kraft, „Ver.di und Interessierte“ rangierte auf Platz zwei. Angesichts der stark gewachsenen „Ver.di“-Liste könnte das in diesem Jahr anders aussehen. Die Liste „Die Unabhängigen“ wurde damals drittstärkste Kraft der sonstigen Mitarbeiter, „Vereinte Mitte“ kam auf Platz vier. Die fünftstärkste Liste „Initiative FU mit Verstand“ konnte 2011 keinen Sitz erlangen. Sie tritt bei den AS-Wahlen 2013 nicht erneut an.

Die Ziele und Anliegen der sonstigen Mitarbeiter erwachsen aus ihrem Arbeitsumfeld. Zwischen Lehrenden und Studierenden nehmen sie eine „Mittlerolle“ eine, wie es Jura-Bibliotheksleiter Ulf Marzik von der „Vereinten Mitte“ nennt. Ähnliche Worte finden „Die Unabhängigen“ mit Spitzenkandidatin Irma Indorf vom Familienbüro, die schon in den vergangenen Jahren im AS saß: die sonstigen Mitarbeiter haben eine „Scharnierfunktion für Lehre, Forschung und Organisation“.

Stets präsent und doch unsichtbar

Es geht ihnen darum, die stets präsenten und doch unsichtbaren Uni-Angehörigen sichtbarer zu machen. Während „Die Unabhängigen“ davon sprechen, die sie betreffenden Neuerungen mitgestalten zu wollen, wird die „Ver-di“-Liste unter Spitzenkandidaten und derzeitigem AS-Mitglied Jasmin Touati aus der „Zedat“ konkret: Sie will die Beteiligung der sonstigen Mitarbeiter „an der Erarbeitung und Konzeption von Zukunftsszenarien weiter vorantreiben“.

Jene Zukunftsszenarien und insbesondere bereits umgesetzte Neuerungen sind es, die allen antretenden Listen der sonstigen Mitarbeiter Bauchschmerzen bereiten. „Viele Dinge ändern sich, es gibt unglaublich viele Veränderungen“, betont Ulf Marzik. Die Anforderungen an die nicht-akademischen Mitarbeiter hätten sich stark verändert, mahnen „Die Unabhängigen“.

Gestiegene Anforderungen

Gemeint sind etwa Zusammenlegungen von Fachbereichsbibliotheken, die zunehmende Umstellung auf eine elektronische papierlose Verwaltung oder eine Ausweitung der Bürokratie – es werden immer mehr Berichte und Dokumentation eingefordert. Einerseits bedeutet dies, dass Mitarbeiter professionalisierter werden und sich in viele neue Verfahren einarbeiten müssen. Neben diesem qualitativen Zuwachs, übt auch die Arbeitsmenge Druck aus. Die „Ver.di“-Liste bringt es auf den Punkt: „Immer mehr Arbeit wird von immer weniger Kollegen bewältigt.“ Die Ursache der Misere: „Bologna-Reform und Exzellenzinitiative“.

Diese Anprangerungen sind jedoch nicht in dem Maße dogmatisch zu verstehen, wie man es von studentischen Vertretern kennt. Man wolle sich nicht profilieren, sondern „praktikable, an den Bedürfnissen orientierte Ergebnisse“ erzielen, charakterisiert Ulf Marzik die Arbeit der Statusgruppe im AS. Im Vergleich zu den anderen Statusgruppen seien sie immer alle gut auf die Sitzungen vorbereitet. Marzik fehlt das Verständnis für häufiges Nachreichen von Tagesordnungspunkten oder kurzfristig eingereichte Anträge, auf die sich dann niemand mehr vorbereiten könne. Diesen kleinen Seitenhieb auf die Studierenden im AS kann er sich nicht verkneifen.

Mit Pragmatismus zu Ergebnissen

Bessere Kommunikation und Vernetzung, frühzeitigeres Einbeziehen – darauf setzen auch „Die Unabhängigen“. „Ich hoffe auf ein Studententeam, mit dem Diskussionen und Auseinandersetzungen zu guten Ergebnissen führen.“, sagt Irma Indorf. Ergebnisorientiert und pragmatisch zu arbeiten – es ist ihr täglicher Job. Kaum eine andere Statusgruppe erfährt die Umsetzung neuer Studienordnungen oder Umstrukturierungen intensiver als die sonstigen Mitarbeiter.

Die sonstigen Mitarbeiter sprechen nicht unbedingt unisono, doch als kleine Gruppe im AS haben sie sehr ähnliche Ziele. Das stärkt ihre Position. Ihre Schwäche ist, dass ihre Mittlerrolle, ihre Scharnierfunktion im akademischen Alltag bisweilen untergeht und Entscheidungen über ihre Köpfe hinweg gefällt werden. Doch genau wie die Professoren sind sie Experten ihres Fachgebiets, deren Expertise auch benötigt wird. Die Professionalisierung der Arbeitsabläufe wird sich eher fortsetzen als rückläufig sein. Dass die Expertise der sonstigen Mitarbeiter dabei auch Gehör findet, müssen sie einfordern – lauter als zuvor.

Teil I der Serie: Politik zwischen den Stühlen
Teil II der Serie: Dreizehn Sitze, die über alles entscheiden

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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