Lehrer-Lehre ad absurdum

Angehende Lehrer sollten Zuhörer begeistern und mitreißen können. Das Lehramtsstudium an der FU aber bringt ihnen etwas anderes bei – und zwingt sie eher zum Auswendiglernen. Von Lukas Nils Regeler

Der Lehrermangel in der Bundeshauptstadt ist drastisch. Eigentlich könnte man gerade deshalb annehmen, dass in Berliner Hochschulen besonders viel Wert auf die Ausbildung neuer Lehrkräfte gelegt wird: Schließlich mangelt es keineswegs an Bewerbern auf die Lehramtsstudiengänge – viele von ihnen wurden nicht einmal zugelassen.

Die Glücklichen, die es vergangenen Herbst an die Freie Universität geschafft haben, stehen nun vor ihren ersten Prüfungen. Dabei wird dem ersten Semester auch in der Lehrerbildung eine ganz besondere Funktion zuteil: Hier entscheidet sich, nicht zuletzt auch durch die Klausurleistungen, wer weiterhin am Traum vom Lehrerdasein festhalten darf, und wer dafür weniger geeignet zu sein scheint. Um hier die Weichen zu stellen, hat die FU ein befremdliches Konzept entwickelt. Alleiniges Thema der Klausur für das erste Semester im Lehramtsstudium ist eine theoriebezogene Vorlesung mit dem Titel: „Grundfragen von Erziehung und Bildung“.

Die Veranstaltung wird dabei von einer Powerpoint-Präsentation begleitet, auf der sämtliche Gedanken, die in der Vorlesung zur Sprache kommen, fein säuberlich in Stichpunkten aufgelistet sind. Da sich jeder Studierende diese Präsentation frei im Netz herunterladen kann, ist die Teilnahme an der Vorlesung zwar prinzipiell Pflicht – für die Aufnahme des Lehrstoffes jedoch keineswegs unabdingbar. Dies bestätigt auch besagte Klausur. Die Aufgaben folgen einem schlichten Abfrage-Schema wie dem folgendem:

1. „Welche drei Grundkategorien gibt es in der Bildungsidee Wilhelm von Humboldts? (3 Punkte)“

2. „Nennen Sie eine der drei pädagogischen Strömungen aus der Vorlesung über die pädagogischen Theorien und bezeichnen Sie die wichtigsten drei Merkmale. (6 Punkte)“

Die Antworten finden sich in jedem Fall als Stichpunkte auf der Powerpoint-Präsentation wieder. Hier stellt sich die Frage, welches (hochschul-) pädagogische Konzept hinter dieser Aufgabenstellung steht: Nach welchen Kriterien wird hier die Spreu vom Weizen getrennt? Sollte das Land Berlin nicht Lehrer benötigen, die individuell sind wie ihre Schüler, deren Stärke in Spontanität und Abwägungskunst liegt, und nicht im Auswendiglernen?

So befindet sich der Studierende im ersten Semester doch am Beginn seiner akademischen Ausbildung, und nicht im dritten Jahr der Grundschule. Eine viel bessere Methode für eine Prüfung im ersten Semester Pädagogik wäre doch eine mündliche Präsentation oder Prüfung: Hier kann der Student zeigen, wie er sich für die Fragen der Erziehungswissenschaft begeistern kann, wie redegewandt er ist, wie er es schafft durch seine Argumentation mitzureißen.

Die Klausur ist ein Beweis dafür, wie realitätsfern die Hochschulpädagogik Studierende an das Lehramt heranführt. Lehrer sollten begeistert, engagiert und frei von gängigen Mustern sein. Die Hochschulpädagogik sollte hierbei den jungen Lehramtsanwärtern als Vorbild dienen.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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