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In der Kir­che gibt es das Wort, bei FURIOS den „Song zum Sonn­tag“. In den Semes­ter­fe­rien stellt Robert Ull­rich jede Woche ein Musik­stück vor. Augen zu, Laut­spre­cher an – heute: Rockmusik!

Selten gibt es Lieder, bei denen Songtext und Melodie derart passgenau verschmelzen. Doch bei Trickys „Black Steel” gibt es diese Seltenheit zu bestaunen. Das Lied ist dem Debutalbum von Tricky entnommen: „Maxinquaye“. Es markiert, zusammen mit „Blue Lines“ von „Massive Attack“, den Geburtsmoment des TripHop in den 1990er-Jahren. Tricky selbst mag diese Klassifizierung nicht, hat er doch mehr produziert als TripHop – Rock zum Beispiel!

Dass dieser Song rockt, dafür sorgt die Instrumentalisierung aus nach vorne ziehender Gitarre und energetischem Schlagzeug. Dass dieser Song brilliert, dafür sorgt Sängerin Martina Topley-Bird. Setzt sie erst einmal zum Gesang an, gibt es keine Lücke mehr. Alles fließt! Der Text verwoben mit der Musik. Dass es auch weniger passgenau klingen könnte, wird klar, wenn das entsprechende Originalstück „Black Steel in the Hour of Chaos“ von Public Enemy aufgelegt wird.

Brilliant ist auch der Inhalt des Textes. Frei interpretiert: Der Song erzählt von Briefpost. Meist versendet von großen und einflussreichen Institutionen, die in ihrer Pauschalität und Subjektvergessenheit selten zu übertreffen sind.

Ich erhielt so einen Brief vor einigen Wochen vom Max Planck Institut. Es handelte sich um die Antwort auf den mit herzblut ausgearbeiteten Forschungsantrag. Die Antwort beschränkt sich auf zwei Sätze: „Thank you very much for your application […]. But a round of interviews has now been held and the selected candidate has accepted the position.”

Kein Bedauern, kein persönliches Wort, keine Silbe zum eigentlichen Thema – völlig gleichgültig am Individuum vorbei. Wie heißt es in „Black Steel“ doch so schön: „I got a letter from the government the other day / I opened and read it / it said they were suckers.“

Da greift ein Wort in das Andere. Zieht die Gitarre den Frust aus dem Kopf und versöhnt die ruhig dahingleitende Stimme wieder mit der Welt. Gut, dass Tricky nicht nur TripHop macht!

Song: Black Steel
Interpret: Tricky
Album: Maxinquaye, 1995
Label: Island (Universal)
Preis: 7 Euro (CD Album), 0,99 Euro (Song-Download)

Frontpage-Illustration: Luise Schri­cker


Hier geht’s zu weiteren Teilen der Serie „Song zum Sonntag“

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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