Tocotronic – Wie wir leben wollen

Tocotronic, Inbegriff des deutschen Indie-Sounds kehren nach zwei Jahren mit „Wie wir leben wollen“ zurück. Marianne Bröker hat sich die 17 neuen Songs angehört und war begeistert.

Die Band „Tocotronic“. Foto: Michael Petersohn

„Wie wir leben wollen“, das klingt nach einer essenziellen Anleitung.

Aber was wollen Tocotronic uns eigentlich mit ihrem neuen Album sagen? Inhaltlich fehlte es weder diesem, noch einem der vorherigen neun Alben an sprachlicher Stärke: Metaphern reihen sich an luftige und bodenständige Sprachgebilde, die die Band mit blumigen wie kritischen Umschreibungen gegenwertiger Begebenheiten kontrastieren.

Allerdings geht das neuen Album weitaus weniger in die propagandistische Richtung, die Tocotronic mit ihrem letzten Album einschlugen. Die Texte sind diesmal weniger fiktional. Sie reißen keine Utopien auf und heben nicht so richtig ab.

Vielmehr sind Tocotronic persönlicher geworden. In ihren Texten beziehen sie sich auf die Lebensphase in denen sich Dirk von Lowtzow (Gesang, Gitarre), Jan Müller (Bass), Arne Zank (Schlagzeug, Keyboard) und Rick Mc Phail (Keyboard, Gitarre), momentan befinden – nach zwanzig Jahren im Musikgeschäft, die Jugend lange hinter sich gelassen, älter und weiser (?) geworden.

Selbstreflexiv und ehrlich bekennen sich die vier, die sich (ausgenommen von Rick Mc Phail, der erst 2004 dazu kam) einst in Hamburg beim Jura Studium kennenlernten, zu bisher gemeisterten Lebensabschnitten, zum Altern und zu dem, was man im Laufe seines Lebens schafft oder auch nicht.

Es ist eindeutig eine Beschreibung des „Jetzt-Zustands“, von dem das Quartett hier singt. Selbstverständlich aber gibt es zum 20-jährigen Jubiläum auch den retrospektiven Blick auf alte Zeiten und Band-Historie. Auch musikalisch präsentieren uns Tocotronic hier eine neue Richtung.

Dirk von Lowtzow sagte in einem Interview mit der „Spex“, es sei ein offenes Geheimnis, dass Tocotronic gerade in der Frühphase wenig Wert auf musikalisches Können legten und ihren Schwerpunkt eher in den Texten sahen.

Das hat sich nun nach zwei Jahrzehnten geändert. Die neuen Stücke sind für ‘Tocotronic-Verhältnisse nicht nur überaus melodisch, auch das musikalische Spektrum ist diesmal sehr weit gesteckt: Rock-, Wave-, Pychedelic-, aber auch Popelemente lass sich heraushören.

Vertraut klingen die Lieder dennoch. Und ganz werden Tocotronic von ihrem so eigene Sound wohl auch nicht loslassen wollen, eben so wenig wie die hohe Qualität ihrer Texte.

Stehenbleiben möchte die Band nicht. Das neue Album zeugt von permanenter Weiterentwicklung und schafft musikalisch etwas Neues!

Tocotronic bekennen sich dazu, dass die Zeit vergeht und dabei bleiben sie nicht in der Vergangenheit stehen. Mit ihren zehn Alben liefert das Quartett ausreichend Möglichkeiten, ihre gesamte Historie mitzuverfolgen. Und wer beim neuen Album ankommt, kann mit ihnen in das spannende Wechselbad von Geschichte und Gegenwart eintauchen.

Tocotronic
Wie wir leben wollen
Erschienen am 28. Januar 2013
Preis: 10,99 Euro bei iTunes

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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