Wenn Liebe eine Lektion ist

Im vierten Teil unserer Filmserie stellen wir das Drama „An Education“ vor: Ein Film über die Jugend, die Liebe und die Erkenntnis über Entscheidungen, die wir treffen sollen und wollen. Von Kirstin MacLeod

An Education

An Education

Anfang der 1960er-Jahre in London: Veraltete Konventionen werden überworfen und die britische Jugend bäumt sich begleitet vom Sound der Beatles und der Stones zur sexuellen und gesellschaftlichen Revolution auf.

Das Leben der 16-jährigen Jenny (Carey Mulligan) bleibt davon unberührt. Ihre Eltern haben für sie ein einziges Ziel vor Augen – und das heißt Oxford. Zwischen Aufsätzen und Cello-Stunden träumt Jenny in der behüteten Vorstadt von dem „wahren“ Leben. Die Jugend würde Jenny am liebsten überspringen. Ihr Vorbild ist Juliette Gréco: Eine verführerische, düstere Frau, eine emanzipierte „femme parisienne“.

Auf dem Heimweg in ihrer bürgerlichen Reihenhaussiedlung trifft sie eines Abends auf David Goldmann (Peter Saarsgard), der all das verkörpert nach dem sich Jenny so sehnt. Ein Leben voller Kunst, Kultur und leidenschaftlichem Genuss: „I studied at what I believe they call the university of life. I didn‘t get a very good degree though.“ Trotz des großen Altersunterschieds, David ist Ende 30, beginnen die beiden eine zunächst ungewöhnliche Freundschaft. An den Wochenenden unternehmen sie immer wieder Kurztrips mit Davids Freunden, der verwöhnten Helen (Rosamund Pike) und ihrem Freund (Dominic Cooper), gehen in die Oper und essen in teuren Restaurants; kurzum: Sie genießen das Leben.

Jenny sucht das Erwachsenenleben

Davids Alter ist dabei auch für Jennys konservative und bürgerliche Eltern kein Grund zur Sorge, denn mit seinem Charme und vielen kleinen Lügen wickelt er Vater und Mutter schneller um seinen Finger, als ihm das bei Jenny gelingt. Dass David Jenny begehrt, bemerkt Jenny nur zufällig, denn zunächst drängt er sie nie. Als er versucht sich ihr zu nähern, weist Jenny ihn ab. Doch nur an den Wochenenden mit David fühlt sich Jenny erwachsen und frei. Zu ihrem Geburtstag lädt David sie nach Paris ein und die beiden schlafen schließlich miteinander.

David macht Jenny einen Heiratsantrag. Sie willigt ein und will die Schule und damit ihre Zukunft in Oxford abbrechen. Bei ihrer Lehrerin (Olivia Williams), die Jenny immer dazu ermutigt hat nach Oxford zu gehen, stößt sie mit dieser Entscheidung auf große Enttäuschung. Jenny kann nicht einsehen, dass sie all ihre Chancen durch die Heirat mit David wegwerfe. Ihre Lehrerin fristet Jennys Ansicht nach mit einem Abschluss eben auch nur ein tristes Vorstadtleben.

Als Jenny dann aber einen Brief in Davids Auto findet, der an Mr. und Mrs. Goldman adressiert ist, bricht ihre mühsam vor ihren Eltern erlogene und erträumte „Erwachsenenwelt“ zusammen. Enttäuscht sucht Jenny Davids Haus auf und trifft dort auf seine wahre Ehefrau (Sally Hawkins), die ihr zu verstehen gibt, dass Jenny nicht das erste Mädchen ist, das David verfallen ist.

Die Geschichte lebt von seinen englischen Dialogen

„An Education“ ist ein Coming-of-Age-Drama, das zum Nachdenken anregt. Darüber, ob die Entscheidungen, die wir aus Vernunft zu treffen meinen, immer die richtigen sind und ob wir unserem Instinkt vertrauen können. Jennys Geschichte basiert auf einem Roman der Autorin Lynn Barber, das Drehbuch schrieb Nick Hornby, dem es bereits bei Büchern wie „About a Boy“ und „Juliet Nacked“ gelang, mit leisen sarkastischen Tönen, die Kuriositäten der Briten darzustellen.

Besonders Alfred Molina in der Rolle von Jennys Vater Jack gelingt es, die typische britische Inkonsequenz darzustellen: Für seine Tochter wünscht er sich eine gesicherte Zukunft und einen Universitätsabschluss. Zahlen aber will er dafür eigentlich nicht. Umso besser, dass der wohlhabende David seine Tochter umwirbt.

Auch „An Education“ ist ein Zeugnis, der feinen englischen Art, die zwischen den Zeilen mehr als versaut und unbeholfen sein kann. Jeder, der einmal das Pech hatte 16 zu sein, wird sich in Jennys Verlangen nach Abenteuer und Abwechslung wiederfinden. Nicht ohne Grund schaffte Carey Mulligan mit „An Education“ den schauspielerischen Durchbruch:

Jenny ist eine Kindsfrau, aber eben keine typische Lolita. Jenny denkt wie eine Erwachsene, kann und will die Ungerechtigkeiten des Erwachsenendaseins aber noch nicht verstehen. Damit der Zuschauer diesen inneren Konflikt verstehen kann, ist es stärkstens zu empfehlen, den Film in der englischen Originalversion anzusehen. Denn wie so oft, wenn Nick Hornby die Finger im Spiel hat, lebt die Geschichte von ihren Dialogen.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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