Ein Studium für Götter

Der Mono-Bachelor Politikwissenschaft an der Freien Universität ist das beste Studium der Welt, findet Julian Niklas Pohl. Wer etwas anderes sagt, hat keine Ahnung.

Illustration: Cora-Mae Gregorschewski

Ich gebe es gerne zu: Ich bin einfach glücklich im Moment. Sie haben uns immer gesagt: „Das Studium wird die tollste Zeit deines Lebens“ – Eltern, Lehrer, American Pie, alle. Und dann zieht man in eine Stadt voller depressiver Nörgelsäcke im Alter zwischen 19 und 25. Grundsätzlich scheinen da Anspruch und Realität voll aneinander vorbei zu rasseln. Für mich persönlich stimmt es jedoch: Mein Studium die beste Zeit meines Lebens – dank des besten Instituts der Welt.

Wer Politikwissenschaft studieren will und nicht am Otto-Suhr-Institut (OSI) landet, hat kein gutes Abi oder ist zu dumm für eine offensichtliche Entscheidung. Erstere sind zu bemitleiden, letztere auszulachen. Das OSI übertrumpft immer noch alle anderen Politikinstitute in Deutschland mit seinem riesigen, breiten Kursangebot. Irgendjemand heult zwar immer wieder pünktlich zum Semesterstart rum, wie viel toller wohl noch alles vor zwanzig Jahren war, und dass am OSI keine wahre Subversion mehr stattfindet seit Johannes Agnoli hier seine letzte Vorlesung hielt. Was sicherlich korrekt ist. Für mich stellt sich jedoch die praktisch orientierte Anschlussfrage: Who cares?

Wahre Leistung! Wahre Leistung?

Ich kann hier immer noch studieren, was ich will. Hab ich Bock auf Afrikastudien, mach ich halt 30 LP in Afrikastudien. Hab ich Bock auf Parteienforschung, mach ich halt 30 LP über die hochrelevante Frage, warum die französischen Sozialisten 1972 massive 2,4 Prozent in den Umfragen einbüßen mussten. Am OSI spuckt einem kein Lehrplan in die Wissenssuppe. Mit großen Löffeln fressen wir die Sorte Weisheit, die uns gefällt. Da trägt jeder für sich selbst Verantwortung für seine Zufuhr intellektueller Ambrosia.

So und nicht anders bildet man motivierte Politikwissenschaftler aus. Freies Denken, freies Lernen, ein selbstbestimmtes Studium – normalerweise floskelhafte Utopie der kühnsten Bildungsprotestler – all das ist am OSI Realität. Ein Studium für Götter.

Die paar Curriculumregeln, die es bachelorbedingt bei uns noch gibt, werden in zuverlässiger Regelmäßigkeit alle paar Jahre beschnitten. Ein Hoch auf die 2012er Studienordnung – denn schlechte Noten finden alle doof. Lieber also die Studienordnung wechseln und die 2,7 aus der Methodenvorlesung mit der „Leistung“ aus der Einführungsveranstaltung verrechnen. Richtig, das war der Kurs, bei dem die 1,0 gebucht ist. Sicher ist sicher. Wer bei uns am Institut noch Politik gegen den Leistungsdruck zu machen versucht, hat wirklich Humor.

Kein Master für Statistiker

Und heiter geht es weiter: Die selbsterklärt elitären Statistikhansel aus Mannheim und Konstanz können sich mit ihrem hart erkämpften 2,3-Bachelor bei den Masterplätzen erst mal hinter die Schar OSIaner anstellen. Euer Scheißstudium endet in Scheißaussichten für die Zukunft. Redet euch eure langweiligen Städte gar nicht erst mit irgendwelchen akademischen Eliteversprechen schön. Ein Leben lang unglücklich – willkommen in Mannheim.

Denn ihr könnt eure Taschenrechner preisen, so sehr ihr wollt, man sieht es euch trotzdem an: In Wahrheit wärt ihr doch alle lieber nach Berlin gegangen.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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2 Responses

  1. Transparenz und eine kritische Begleitung unserer Arbeit sind uns sehr wichtig, deshalb werden wir weiterhin regemäßig aus dem I-Rat berichten und würden uns über Anmerkungen, Meinungen und Fragen eurerseits freuen! Sagt uns, wenn euch was nicht passt oder ihr anderer Meinung seid als wir, wir setzen uns gerne mit euch auseinander und erläutern unsere Standpunkte. Am besten erreicht ihr uns über unsere E-Mail Adresse (fsiosi@web.de), unsere neue Facebook Seite LINK oder ihr kommt zu unseren Plena oder Tresen (weitere Informationen findet ihr auf unserem Blog: http://www.fsiosi.blogsport.de).

  2. Finess sagt:

    „Das Stu­dium wird die tollste Zeit dei­nes Lebens“ — Eltern, Leh­rer, Ame­ri­can Pie, alle. Und dann zieht man in eine Stadt vol­ler depres­si­ver Nör­gel­sä­cke im Alter zwi­schen 19 und 25.”

    Gleich zu Beginn den Wahrhaftigkeitsnagel präzise auf den Kopf getroffen! Wirklich stark!

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