Keine Lust zu lesen? Bedrucktes Papier ist reine Holzverschwendung, Seiten voller Text langweilig? — Dann zerstör doch einfach mal ein Buch! Wie das funktioniert, erklärt Kirstin MacLeod.
Zugegeben, nicht jeder liest gern. Gut, dass es Verfilmungen gibt oder Bücher, die man gar nicht lesen muss. Die Rede ist nicht von Bildbänden oder Fotobüchern, sondern vom aktiven Leseerlebnis, wie man es nennen könnte. Die kanadische Illustratorin Keri Smith ist die Pionierin dieses von ihr selbst geschaffenen Genres: Ausmalbücher für (junge) Erwachsene.
Ihr erstes und wohl erfolgreichstes Werk ist das im Jahr 2007 erschienene „Wreck this Journal“ – ein Traum für alle Lese-Hasser: Es geht nämlich nur darum, jede einzelne Seite auf eine bestimmte Art und Weise zu zerstören oder zu verunstalten.
Statt Handlung gibt es verschiedenste Anweisungen, wie der Zerstörer vorgehen soll: „Poke holes in this page using a pencil“, „bring this book in the shower with you“ oder „leave this page blank on purpose“. Es sind Handlungen, die ein Notizbuch im Laufe seines Daseins wohl unbeabsichtigt erfährt – bei Smith schließlich wird das Unbewusste bewusst.
Aus Zerstörung entsteht Kunst
Auf Seiten, auf denen einfach nur geschrieben oder gekritzelt werden darf, wird der Leser automatisch zum Illustrator. Wer nun denkt, da kann ich mir auch ein Malbuch kaufen, der irrt: Hilsons Konzept geht auf. Im Internet tummeln zahlreiche Tumblr-, Weheartit- und Youtube-Zeugnisse davon, wie Leser ihre Journals „wrecken“. Richtig zerstört sind dabei nach ihrer Bearbeitung die wenigsten, vielmehr entstehen kleine persönliche Kunstwerke. Sie erinnern an die Werke vieler 13-Jähriger, deren Lebensinhalt die Gestaltung ihres Taschenkalenders ist.
Und das ist gut so! Beim „Lesen“ von „Wreck this journal“ kann man sich wieder auf die Haptik und die Optik eines Buches besinnen – in Zeiten des E-Books eine Seltenheit. Außerdem fordert Smith von ihren Lesern einen aktiven Anteil am Leseerlebnis, denn als Autorin legt sie nur die Basis für das, was aus dem „Journal“ einmal werden kann.
Wer in den Semesterferien also etwa zwei Wochen Zeit für dieses ganz besondere Leseerlebnis übrig hat, dem ist „Wreck this Journal“ wärmstens ans Herz zu legen: Denn wann kann ein Leser schon eine derartig enge Verbindung zu seinem eigenen Buch aufbauen?
Und keine Sorge, wenn das „Journal“ dann doch einmal im Regal landet, hat Smith mit „This is not a book“ und diversen anderen Titeln, wie „This ist not an App“ schon für Nachschub gesorgt – vielleicht ja was für die nächsten Semesterferien, die kommen ja bekanntlich ganz bestimmt.
Wreck this Journal
Autor: Keri Smith
Verlag: Perigee
Preis: 13 Euro