Haarige Thematik im aktuellen Gewand

Das „acapellaplenum“ bringt eine neue deutsche Übersetzung des Musicals „Hair“ auf die Bühne. Matthias Bolsinger stattete der Premiere von „haargenau“ in Kreuzberg einen Besuch ab.

Der Hippie-Chor im Einsatz. Foto: acapellaplenum

Hippie ist zum „Stil“ verkommen. Was vor Jahrzehnten noch eine Lebenseinstellung war, wird heute von Hinz und Kunz auf der Straße modisch zitiert. Ein Anachronismus ist Hippietum trotzdem nicht, findet das acapellaplenum. Dieses versteht sich nach eigenen Angaben als „ein Dachverband für verschiedene Chöre und Ensembles“, die eines vereint: der Acapella-Gesang. Mit von der Partie sind auch Studierende der Freien Universität.

Mit „haargenau“ hat das acapellaplenum jetzt einen Klassiker neu auf die Bühne gebracht. Es ist eine neue Übersetzung des Epoche machenden Musicals „Hair“, aus der Feder von Gerome Ragni und James Rado. 1968 wurde es erstmals am Broadway aufgeführt.

Die neuen Berliner Hippies

Kjel Möllers, Leiterin des „haargenau“-Chors, Marco Masthoff und Thomas Kraus machten sich 2011 daran, das Zeitlose aus „Hair“ zu filtern und ins Hier und Jetzt zu übersetzen. Der Vietnam-Krieg mag ja vorbei sein, doch gewisse Ausgrenzungsdiskurse sind noch immer nicht überwunden. Wie oder ob Mensch sein Haupt-, Achsel- oder Schamhaar trägt, scheint irgendwie doch relevant zu sein. So liberal sind wir nun doch wieder nicht.

„Haargenau“ jedenfalls feiert das menschelnde und wuchernde und lädt ein in eine Berliner Hippie-WG. Die Bewohnerinnen und Bewohner geben Song um Song zum Besten, thematisieren Drogenkonsum, Sexualität und Rassismus humorvoll und pointiert. Oden an Rausch und Orgasmus dürfen natürlich nicht fehlen. Die Handlung des Ursprungstextes wird nur sporadisch angerissen. Im Zentrum steht der Gesang. Durch die schwierigen Acapella-Arrangements bekannter Melodien manövriert sich der sympathische Chor mit sichtlich großem Spaß – und mit betonter Lässigkeit und Selbstironie, die der Atmosphäre gut tun. Ein kleiner Rahmen, ein aufgeschlossenes und aktives Publikum. Und dann ist da noch der eine oder andere Überraschungseffekt: Natürlich übt der Chor die Befreiung schon auf der Bühne.

Die nächsten Aufführungen finden am am 2. und 30. Oktober (Ort: „Mein Haus am See“, Torstraße 125) jeweils um 20 Uhr statt. Der Eintritt ist frei, um eine Spende wird dennoch gebeten.

Autor*in

FURIOS Redaktion

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