Der Bildungsprotest hat zur studentischen Vollversammlung geladen. Veronika Völlinger berichtet über die Pläne des Plenums im neuen Semester. Mareike Edler notiert dazwischen die Eindrücke ihres ersten VV-Besuchs.
Auf der ersten studentischen Vollversammlung hat der Bildungsprotest etwa 120 interessierten Studierenden aktuelle hochschulpolitische Themen vorgestellt. Der größte Problem seien derzeit die Steine, die das Präsidium der Freien Universität den Aktivisten und Hochschulpolitikern in den Weg lege. Beispiele dafür seien der verwehrte Raum für die politische Veranstaltung mit dem Bundestagsabgeordnetem Gregor Gysi (Die Linke) sowie Flyer und Plakate des Bildungsprotests, die vom Campus entfernt werden. Die Aktivisten bezeichneten die Vorgänge als Zensur.
Eine studentische Vollversammlung, das klingt wichtig. Ich bin gespannt, was das ist, da ich noch nie dabei war und auch keine rechte Idee davon habe. Natürlich findet es in einem der großen Hörsäle statt, es müssen ja auch viele Studierende Platz finden. Im Saal wartet die Überraschung: viele Reihen sind leer, vielleicht 100 Personen sind im Raum verteilt. Große Transparente schmücken die Wände: „Bildungsstreik“, „Democracy“ und etwas über Helme und Hirne, das ich nicht verstehe.
Dann geht es also los. Redebeiträge von Frauen werden vor denen von Männern gehört, das Prinzip ist mir neu. Der erste Punkt „Aktuelles“ erntet höfliche Zustimmung. Das Begeisterungspotential ist auf jeden Fall noch ausbaufähig. Mehr Studierende betreten den Hörsaal. Auch sonst gibt es viel Bewegung. Ständig steht jemand auf, geht raus oder kommt rein, verteilt Flyer oder Unterschriftenlisten. Halblaute Gespräche im Publikum sorgen zusätzlich für Ablenkung.
Neues „Fundbüro“ beim Asta
Lucas Feicht vom Allgemeinen Studierendenausschuss (Asta) stellte das neue „Fundbüro für Anwesenheitslisten“ im Asta-Gebäude vor. Seit die Rahmenstudien- und Prüfungsordnung (RSPO) ab diesem Wintersemester in Kraft getreten ist, obliegt die Entscheidung über eine Anwesenheitspflicht und deren Kontrolle bei den einzelnen Professoren. Der Asta lehnt Anwesenheitspflicht und –listen ab. Im Fundbüro können Studierende „verloren gegangene“ Anwesenheitslisten ab sofort abgeben.
Asta und Bildungsprotest fürchten zudem eine Wiedereinführung der Zwangsberatungen für Studierende, die eigentlich aus der RSPO gestrichen wurden. „Das wird noch einmal Protest erforderlich machen“, sagte Lucas Feicht. Im Anschluss bekamen der Arbeitskreis Zivilklausel vom Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften, das marxistische Bündnis „Waffen der Kritik“ sowie allgemeinpolitische Initativen wie „Studis gegen hohe Mieten“,„100 Prozent Tempelhofer Feld“ und dem Berliner Energietisch Zeit, für ihre Zwecke zu werben
Der Ausdruck „militante Pazifisten“ sorgt für allgemeine Erheiterung. Ironie scheint hier ein sehr beliebtes Stilmittel zu sein. Ein bisschen Zuspitzung kann der Stimmung ja auch gut tun. Momentan gibt es viele Gesichter, die vor sich hin blicken, und ein Paar geschlossene Augen. Der Duft von Waffeln und Kaffee weht durch den Raum und erinnert mich daran, dass es Mittagszeit ist. Ich bin nicht die einzige, die verstohlen zum Butterbrot greift. Langsam wird der Schwund an Menschen im Hörsaal größer als der Zustrom.
Auch beim Werbeblock für Initiativen in Berlin kommt nicht viel Stimmung auf. Irgendwie hatte ich mir das hitziger vorgestellt. Auch bei sehr engagierten Reden dauert es diese eine, zögerliche Sekunde, bis applaudiert wird. Mich beschleicht das Gefühl, es gäbe wesentlich mehr Anwesende als tatsächliche Teilnehmende. Mein Fazit der Vollversammlung bleibt eine Feststellung vom Anfang: das Begeisterungspotential ist ausbaufähig.
“militanter pazifismus” ist durchaus nicht ganz ironisch. wer sich mit direkten aktionen gegen krieg und militär stellt, meint das vermutlich ganz ernst und ist dennoch pazifist_in.
Zensur an der “F”U! Ein wichtiges Thema, das auch auf der VV thematisiert wurde. Etwas verwirrend finde ich, dass es hier so prominent im Titel steht, dann Inhaltlich aber quasi garnicht im Artikel auftaucht.
Der Bildungsprotest hat inzwischen Übrigens selbst eine Erklärung zur Zensur an der “F”U abgegeben: http://www.bildungsprotestfu.net/2013/10/kritische-wissenschaft-oder-propaganda/
Helm ab – Hirn rein! Bundeswehr raus aus Schule und Uni!
so heißt das, und sollte selbsterklärend sein. Schließt sich inhaltlich an die Forderungen des Arbeitskreis Zivilklausel an =) ist vielleicht auf dem Stoff aus der Entfernung schwer lesbar gewesen?