Hauptberuf: Poet

Julian Heun pendelt zwischen Seminar und Bühne. Der Literaturstudent ist ein gefeierter Poetry Slammer, gibt aber nichts auf Lobhudeleien. Ein Porträt von Lisa Paul und Laura Bertram

Die Literaturwissenschaft bietet ihm wenig Inspiration: Poetry-Slammer Julian Heun. Illustration: Luise Schricker

Die Literaturwissenschaft bietet ihm wenig Inspiration: Poetry-Slammer Julian Heun. Illustration: Luise Schricker

Einsilbig. So lässt sich die erste Kontaktaufnahme mit Julian Heun beschreiben. „Gerne!“, „Freitag?“, „Perfekt!“ – schwer zu glauben, dass knappe Chat-Antworten wie diese von einem der erfolgreichsten Poetry-Slammer Deutschlands stammen. Einer, aus dessen Mund auf der Bühne ausschweifend detaillierte Texte sprudeln.

Buchautor, deutschsprachiger U20-Meister und zweifacher Berliner Meister im Poetry Slam – mit gerade einmal 24 Jahren hat der FU-Student eine beachtliche Karriere vorzuweisen. Julian Heun steht gern auf der Bühne. Dort tut er das, was ihm Spaß macht: gewitzte Texte auf locker-charmante Art vortragen. Die zahlreichen Facetten des Poetry Slams faszinieren Julian – vor allem die Interaktion mit den Zuschauern. „Man holt sie dort ab, wo sie sind und taucht mit ihnen in die literarische Welt ein“, sagt der Berliner.

Am Poetry Slam schätzt er, dass er die Grenzen zwischen Literatur und Unterhaltung aufbricht und zeigt, dass Literatur nicht immer „ernst und intellektuell“ sein muss, sondern auch mal „grob und wuchtig“ sein darf. In seinem Studium der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft und Deutschen Philologie erfährt er diese Freiheit nicht: An der FU stößt Heun oft auf die Meinung, dass Literatur eine gewisse Ernsthaftigkeit aufweisen muss, damit man sie als Literatur bezeichnen kann. „Die Welt der Literaturwissenschaft hat aber nichts mit der realen Welt zu tun“, findet er. Aus diesem Grund biete ihm das Studium auch keine Inspiration für seine eigenen Texte. Es sei für ihn nur Nebensache:„Ich studiere lediglich aus Interesse, nicht weil ich in der Literaturwissenschaftsbranche meine berufliche Zukunft sehe.“

Wenn er nicht studiert und keine Texte schreibt oder vorträgt, organisiert und moderiert er auch eigene Slams, so zum Beispiel den monatlich stattfindenden „Bastard Slam“ im „Ritter Butzke“. Im März dieses Jahres veröffentlichte der junge Künstler außerdem sein erstes Buch „Strawberry Fields Berlin“. Das 220-seitige Werk erhielt neben guten auch ungewohnt schlechte Kritiken. Das laut Tagesspiegel „große Talent“ musste dieses Mal harte Worte entgegennehmen.

„Zeit Online“ unterstellte ihm, in der „Tonlage nervöser Stummelprosa“ zu schreiben – da grinst Julian nur. „Wenn man dieLobeshymnen nicht glaubt, muss man auch die Verrisse nicht glauben.“ Über Lob freue er sich zwar: „Mir ist es aber auch wichtig, mich nicht von Einzelmeinungen abhängig zu machen“, so Heun.

Für die Zukunft sind weitere Projekte in Planung, beispielsweise die Veröffentlichung weiterer Bücher. Auch auf der Bühne will er noch stehen – allerdings nicht ewig. Viele seiner Kollegen sind viel älter als er, trotzdem meint Julian: „Der Poetry Slam ist eine Welt der jungen Leute. Ich glaube nicht, dass ich mit 40 noch slammen werde.“ Zum Glück bleibt bis dahin noch viel Zeit, in der Heun mit seiner Wortgewandtheit die Bühnen unsicher machen kann.

Textauszug: „Mein ganzes Leben kommt mir vor wie eine riesige Castingshow. Es wird jede Runde noch krasser. Und noch heftiger und noch nocher und am Ende sind nur noch Menschen da, die weder richtig singen, noch richtig sprechen können. Aber sie sind ja so authentisch. Authentisch ist das neue scheiße.“ – Julian Heun

Mehr über Julian Heun gibt es hier.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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