Professoren retten Mittelerde

Hobbitfüße, Gewand und Lumineszenz an der Uni? Bei der Weihnachtsvorlesung der Chemie am Dienstag wunderte das niemanden. Lisbeth Schröder sah zu, wie die Chemiker den Ring zerstörten.

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Langsam knistern die Seifenblasen empor. Immer höher schlängelt sich die schaumige Säule, hervorgezaubert durch eine Magierin im weißen Gewandt. Sie beschwört die Schlange herauf, mehr als ein Meter wird sie groß. Frodo, Gandalf und die Lehrlinge können nur zusehen. Die Magierin zückt das Feuerzeug und – Boom! In einem roten Inferno löst sich die Zauberei.

Die ,,Methansäule“ ist nur eins der vielen Experimente, die die Chemiker Johann Spandl und Ulrich Abram dem über 300-Köpfigen Publikum in der diesjährigen Weihnachtsvorlesung in einem Hörsaal in der Fabeckstraße zeigen. Seit zehn Jahren veranstalten Professoren des Moduls ,,Chemie für Veterinärmediziner, Bioinformatiker und der integrierten Naturwissenschaften“ die Experimentalvorlesung.

Pünktlich zum Start des zweiten Hobbitfilms ist das Thema dieses Jahr ,,Herr der Ringe“. So löst Spandl als Frodo einen Papp-Gollum in Säure auf und vernichtet den Ring in einem kleinem Feuerschwall, der den Schicksalsberg darstellt. Die neun Helfer bringen das Publikum unter anderem durch lumineszierende Substanzen im Dunkeln zum Staunen. Die Demonstrationen werden mit Sequenzen aus den Filmen der Tolkienwelt abgewechselt. ,,Wir quälen die Studierenden ein ganzes Semester, da können wir ihnen wenigstens an Weihnachten eine kleine Freude bereiten“, scherzt Abram über das Ziel der Veranstaltung.

Bis zum Feueralarm

Einige spektakuläre Experimente, die nicht dem Film entlehnt sind, wollen Spandl und Abram ihren Studierenden trotzdem nicht vorenthalten. Popcorn entflammt lichterloh, knallblaue Drinks werden hergestellt und eine Banane, durch flüssigen Stickstoff gehärtet, wird als Hammerersatz missbraucht, um Nägel in ein Holzbrett zu schlagen

Dass sie es zu weit getrieben haben, merkt man nach einer Stunde am Feueralarm: Was viele zuerst für einen Scherz halten oder für einen Hinweis auf einen Zaubertrick in der frischen Luft, entpuppt sich als schnöde Realität. Die Studierenden schlendern geordnet nach draußen und es dauert nicht lange, bis sie wieder in das Gebäude können. Der Ring muss ja schließlich vernichtet werden.

Begeisterung bei den Studierenden

Die beiden Professoren mit ihren Helfern sorgen durchgehend für eine gute Stimmung und binden das Publikum so oft wie möglich in ihre Präsentation mit ein. Sie reißen Scherze über Biologen oder Veterinärmediziner, teilen selbstgemachtes Eis aus oder lassen sich bei Experimenten helfen.

Eine Studentin leistet bei einem Kälteexperiment tatkräftige Unterstützung: Sie stellt den Schnee, der im Film bei der Überquerung schneebedeckter Berge zu sehen ist, selbst her. Sie rührt in einer weißen Substanz, die paradoxerweise immer kälter wird, da sie die Wärme aus der Umgebung bezieht. In sekundenschnelle kühlt das weiße Pulver von ca. 20 auf unter Minus 10 Grad ab und die ,,Schneekönigin“, wie Abram sie nennt, erntet Applaus.

,,Das war die beste Vorlesung, die ich je gehört habe! Ich denke, dass es eine gute Sache ist, das Image der in der Theorie komplizierten Chemie aufzubessern“, meint Johanna Kückes, Studentin der Biologie. Applaus und Gelächter sind insgesamt groß. Viele der Studierende können es auch nicht lassen, die Experimente mit ihrer Handykamera aufzunehmen: Ein Fragment aus 2010 gibt es hier. Seine Beliebtheit verdankt die Weihnachtsvorlesung keiner geschickten Öffentlichkeitsarbeit, denn für die Veranstaltung wird bewusst keine Werbung gemacht. Die Chemie beweist damit einmal mehr, dass sie neben kompliziert auch für viele faszinierend ist.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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