„Die Trennung ist willkürlich“

Der Ring Christlich-Demokratischer Studenten lehnt die Einführung einer Zivilklausel ab. Warum die Konservativen für Militärforschung sind, erklärt ihr Vorsitzender Julian Senders im Interview mit Florian Schmidt.

Julian Senders ist 20 Jahre alt und studiert im vierten Semester Jura. Er ist Vorsitzender des Ring Christlich-Demokratischer Studenten an der FU. Foto: Julian Senders
Julian Senders ist 20 Jahre alt und studiert im vierten Semester Jura. Er ist Vorsitzender des Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) an der FU. Foto: Elise Sultanov

Die Diskussion über die Einführung einer Zivilklause reißt nicht ab. Nachdem ein entsprechender Antrag am Fachbereich Politik vergangenes Jahr gescheitert war, hat nun der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) den jüngsten Äußerungen des Deutschen Hochschulverbandes zugestimmt, der Zivilklauseln für verfassungswidrig hält. Der Asta ist empört.

FURIOS: Warum lehnt der RCDS die Einführung einer Zivilklausel ab?

Julian Senders: Wir sind aus zwei Gründen gegen die Klausel: Erstens, weil sich zivile und militärische Forschung nur schwer trennen lassen und zweitens, weil uns der Grundsatz der Freiheit von Forschung und Lehre wichtig ist.

FURIOS: Wieso ist die Trennung von Militär- und Zivilforschung so schwierig?

Senders: Bei einigen Forschungsprojekten lässt sich nicht von vornherein feststellen, ob ihre Ergebnisse später für militärische oder zivile Zwecke verwendet werden. Das gilt zum Beispiel für die Grundlagenforschung in vielen naturwissenschaftlichen und technischen Gebieten. Das Internet etwa ist aus dem Arpanet hervorgegangen, ein Forschungsprojekt im Auftrag der US-Luftwaffe. Dasselbe gilt für das Navigationssystem GPS: Auch dabei war der ursprüngliche Zweck ein militärischer.

FURIOS: Befürworter der Klausel schlagen vor, zunächst nur Projekte abzulehnen, bei denen eine militärische Nutzung offensichtlich ist, etwa wenn der Auftraggeber die Bundeswehr ist.

Senders: Dahinter steckt unserer Ansicht nach primär eine pauschale Verdammung der Bundeswehr durch zum Teil linksradikale Gruppen, und weniger eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema.

FURIOS: Warum?

Senders: Weil es das Problem der Trennung nicht löst. Zwar wäre damit für den Fall der Bundeswehr alles eindeutig geregelt. Was aber wäre zum Beispiel mit einem Konzern wie EADS, der einerseits zivile Flugzeuge herstellt, andererseits zu den größten Rüstungsfirmen der Welt zählt? Wenn EADS eine Studie in Auftrag gibt, ohne vorher zu wissen, wofür genau die Ergebnisse später verwendet werden sollen, kann es trotzdem passieren, dass die Forschung für Waffenentwicklung verwendet wird.

FURIOS: Das heißt, die Klausel bringt sowieso nichts?

Senders: Nein, das heißt, dass die Beschränkung, die sie der Wissenschaft auferlegt, sehr beliebig ist. Wenn eine Uni nur zu zivilen Zwecken forschen will, muss sie gleichzeitig festlegen, wo die Trennlinie verläuft – das läuft auf eine Willkürentscheidung hinaus.

FURIOS: An der Berliner TU ist die Grenze klar: Wissenschaftler müssen dort in einem Dokument versichern, dass ihre Forschungsprojekt ziviler Art ist. Ist das nicht ein Beispiel dafür, dass die Klausel ohne Schaden funktioniert?

Senders: Sicherlich, die TU ist durch ihre Zivilklausel nicht auseinandergebrochen. Das hat allerdings auch historische Gründe: Seit ihrer Gründung im entmilitarisierten West-Berlin durfte dort noch nie für die Armee geforscht werden.

FURIOS: Es gibt noch andere Beispiele. Mehr als zehn Unis haben deutschlandweit eine Zivilklausel. Es geht also doch!

Senders: Ja, es geht. Doch dadurch entgehen diesen Unis möglicherweise Drittmittel, die wiederum den Studenten und anderen Wissenschaftlern zugutekommen könnten.

FURIOS: Eingangs sprachst Du von der Freiheit der Forschung. Die wird aber doch ohnehin schon eingeschränkt: Stammzellenforschung zum Beispiel ist in Deutschland verboten. Warum sollte nicht auch das Forschen zu Tötungszwecken verboten werden?

Senders: Das sind zwei Dinge, die sich nicht vergleichen lassen. Es ist richtig, dass die Präimplantationsdiagnostik aus moralischen Gründen stark eingeschränkt wird. Es verletzt die Würde des Menschen, wenn durch Forschung „lebensunwertes“ Leben ausgeschlossen werden kann. Solche Gründe gibt es aber bei Militärforschung nicht.

FURIOS: Ihr habt keine moralischen Bedenken, wenn Forschungsergebnisse im Krieg angewendet werden, um Menschen zu töten?

Senders: Doch, natürlich haben wir die. Von Deutschland darf nie wieder ein Angriffskrieg ausgehen. Doch militärische Forschung dient schließlich auch der Verteidigung. Aktuelles Beispiel ist die Ukraine: Selbst in Europa leben wir nicht in einer völlig friedlichen Welt. Solange es Staaten gibt, von denen potenzielle Bedrohungen ausgehen, müssen wir uns verteidigen können.

FURIOS: Zivilklausel-Befürworter kritisieren vor allem die Forschung für private Rüstungsfirmen, die zu den größten Waffenexporteuren der Welt zählen. Könnte die Zivilklausel diesem Geschäft mit dem Tod nicht einen Riegel vorschieben?

Senders: Nein, das kann und sollte sie nicht. Das ist eine Aufgabe der Politik. Wenn wir die Exporte von Waffen in Krisengebiete eindämmen wollen, muss das vom Bundestag ausgehen – und nicht von den Universitäten.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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3 Responses

  1. ... sagt:

    @ öäü
    Vielleicht erkennen sie den Unterschied dazwischen menschen zu verbieten (ihr Vorschlag) und das Erforschen von Möglichkeiten Menschen möglichst effizient zu vernichten. Nichtmal Verbieten eigentlich (das käme ja vom Staat) sondern selbst als Hochschule darauf verzichten? Nein? Naja ist ja alles Extrimismus und alles dasselbe, wa?

  2. ... sagt:

    Der Interviewte hällt stammzellenforschung für moralisch verwerflich, aber Rüstungsforschung und Gutachten, die Kriege legitimieren bzw. sogar legal erst möglich machen nicht.

    Er argumentiert das einschränken von Rüstungsexport udn Rüstungsforschung sei Aufgabe der Politik, dabei darf die politik aufgrund eben jener von ihm hochgehaltenen Freiheit der Wissenschaft und der Hochschulautonomie eben genau hier garnciht eingreifen. Obendrein ist es immer wieder die CDU, also die Partei in deren Jugendorganisation er Mitglied ist, die Waffenexporte in Kriesengebiete genehmigt.

    In der Mitte des Interviews zeigt sich dann worum es wirklich geht: Drittmittel, also Geld. Anders als behauptet kommen Drittmittel jedoch nicht studierenden zugute. Sie sind Zweckgebunden und mit ihnen wird ebenso wie mit den Gelden aus der Exzellenzinitiative ausschlieslich Forschung, aber keine Bodenständige Lehre finanziert.
    Dabei geht es aber nichtnur um das Geld, dass die Uni so abstauben kann. Deutschland ist Weltweit der drittgrößte Waffenexporteur und die CDU versteht sich als Lobbypartei für diesen nicht zu unterschätzenden Wirtschaftssektor. Wen scheert schon mord und ehlend anderswo, wenn hier die Kasse klingelt.

    Es ist leider nicht ganz überraschend, dass sich der Gelegenheits-B.Z.-Schreiberling Florian Schmidt zu einem Interview mit solchen Kriegstreiber_innen hergibt. Immerhin – soviel sei ihm zugestanden – gab es auch ein zwei kritische Fragen.

    Oh und eins noch: Der Herr Senders soltle sich einmal fragen warum an der TU seit dem zweiten Weltkrieg keine Kriegsforschugn mehr betrieben wird. Das hat nämlich damit zu tun, dass die direkte Vorläuferhochschule der TU unter dem NS Regime genau jene Kriegsforschung Betrieben hat, die damals abermillionen von menschen das Leben gekostet hat und die nach de mWillen des RDCS auf jedenfall weiter erforschbar bleiben sollte.

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