„Ideen entspringen prekären Situationen“

Kani Tuyala gründete mit dem Verein „Lions of Science“ einen studentischen Wettbewerb mit gesellschaftlichem Mehrwert für Kenia. Im Interview mit Friederike Oertel spricht er über Leitgedanken und Ziele des Projektes.

Kani Tuyala, Doktorand der FU und Gründer von "Lions of Science". Foto: Privat

Kani Tuyala, Doktorand der FU und Gründer von “Lions of Science”. Foto: Privat

Kani Tuyala, Doktorand der Freien Universität Berlin, gründete 2012 den gemeinnützigen Verein „Lions of Science“. Der Verein zeichnet einmal im Jahr die interessantesten und innovativsten Projekte kenianischer Studenten aus. Die Projekte sollen einen sozial-ökonomischen Mehrwert produzieren und die Lebensumstände der Menschen vor Ort verbessern. Die Studenten können dabei unter verschiedenen Kategorien wie etwa Ingenieurswissenschaften, Gesundheit, Umwelt, Landwirtschaft sowie Informations- und Kommunikationstechnologie wählen.

FURIOS: Was war der Anstoßpunkt für dieses NGO-Projekt der etwas anderen Art?

Kani Tuyala: Ich bin selber im Kongo geboren und habe einige Jahre in der Elfenbeinküste gelebt. Aufgewachsen bin ich aber in Deutschland. In Münster. Was mich immer extrem gestört hat, ist die stereotypische Darstellung Afrikas in westlichen Medien. Es geht zu oft nur um Korruption, Krieg, Hunger, Elend und Gewalt. Und klar – ich will nichts schönreden – es gibt diese Probleme. Aber es ging mir darum, zu zeigen, dass es auch andere Dinge im Alltag gibt, auf die es sich lohnt ein Augenmerk zu richten.

FURIOS: Und so ist dann „Lions of Science“ entstanden?

Tuyala: Die Idee zu einem Projektwettbewerb kam mir, als ich in Kenia war, um für meine Doktorarbeit zu recherchieren. Auf meinen Reisen und im Gespräch mit den Leuten habe ich festgestellt, dass in Ostafrika und speziell in Kenia unheimlich viel passiert. Das sind Menschen, die wirklich ihre Zukunft in die eigenen Hände nehmen, die Ideen haben, die innovativ und kreativ sind. Ich fand das total spannend und wollte einen eigenen Beitrag dazu leisten, dass dieses Potential genutzt wird. Und so kam mir die Idee zu einem Wettbewerb für Studenten.

FURIOS: Die Projekte sollen einen sozial-ökonomischen Mehrwert haben. Wie sehen die Gewinner-Projekte des letzten Jahres aus?

Tuyala: Der Gewinner Ken-Andrew Muthui hat das sogenannte „Integrated Sonar Echo Eye“ entwickelt. Das ist eine Brille für Sehbehinderte oder Blinde, die eine kleine elektronische Einrichtung an der Seite hat. Diese sendet Schallfrequenzen in den Raum, die von Widerständen reflektiert werden und dann ein akustisches Signal an den Träger senden. So können sich sehbehinderte Menschen im Raum orientieren. Der Gewinner des zweiten Platzes, Michael Rembesa, hat damals die „The Smart Dumpster“-App entwickelt. Es gibt in Kenia nämlich ein sehr großes Müllproblem und keiner fühlt sich wirklich dafür verantwortlich. Die Applikation koordiniert die Arbeit der Müllfahrer und soll diese effektiver machen.

FURIOS: „Lions of Science“ geht es auch um die Nachhaltigkeit der Projekte. Was ist aus den Gewinnern und ihren Projekten geworden?

Tuyala: Genau. Es ist uns sehr wichtig, nicht nur Preisgelder auszuschütten. Den Gewinnern soll es vor allem auch ermöglicht werden, ihre Ideen umzusetzen, weiterzuentwickeln und, wenn es gut läuft, marktfähig zu machen. Deshalb gibt es u.a. auch Praktika bei kenianischen Gründungszentren zu gewinnen, die Teilnehmer können Kontakte zu Gleichgesinnten knüpfen und bekommen Unterstützung bei der Weiterentwicklung ihrer Produkte. Der Gewinner des zweiten Platzes bekam vor Kurzem schließlich die Möglichkeit, seine weiterentwickelte Idee beim „Microsoft Imagine Cup“ vorstellen. Und das ist toll zu sehen, dass wir sozusagen die Initialzündung sind und es dann weitergeht.

FURIOS: Die zweite Preisverleihung von Lions of Science findet im Oktober diesen Jahres in Nairobi statt. Was hat sich verändert?

Tuyala: Letztes Jahr war alles noch total frisch, wir hatten kein Marketing – nichts. Doch mittlerweile haben wir viele wertvolle Partner gefunden. Das Goethe-Institut ist dabei, die Heinrich-Böll-Stiftung. Die deutsche Botschaft in Kenia hat die Schirmherrschaft übernommen, was natürlich zur Reputation des Ganzen beträgt. Auch die Delegation of German Industry and Commerce ist jetzt Partner in Kenia von uns.

FURIOS: Und wie geht es weiter?

Tuyala: Um in Afrika auf Dauer agieren zu können, wollen wir nun auch eine „Lions of Science“-Tochterorganisation gründen. Zudem arbeiten wir zusammen mit der Heinrich-Böll-Stiftung an der Eröffnung des ersten Green-Technology-Zentrums in Kenia. Und wenn sich „Lions of Science“ ein bisschen etabliert hat, ist der Plan, noch andere Ankerstaaten rauszusuchen, zunächst wahrscheinlich in Ostafrika.

Weitere Infos zum Verein findet ihr auf der Internetseite www.lionsofscience.org . Zudem werden hier die besten Projekte nach einer Vorauswahl durch die Jury online gestellt.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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