Außer Uni: Zwischen Körper und Kunst

Therese arbeitet als Aktmodell. Der ungewöhnliche Nebenjob, der für die Meisten wahrscheinlich mit Scham verbunden wäre, ist für sie auf vielen Ebenen bereichernd. Von Fabienne Bieri

Anja Baier

Zeichnung: Anja Baier

Als Therese das erste Mal die Idee hatte, Aktmodell zu stehen, ging es ihr kaum darum, einfach irgendeinen neuen Nebenjob zu finden. Vielmehr reizte es sie, ihre eigenen Hemmschwellen zu testen und das Spannungsverhältnis zwischen Modell und Künstlerinnen und Künstlern wahrzunehmen, zwischen Zeichnenden und Gezeichneten. Diese Dynamik faszinierte sie, die Mischung aus Intimität und Distanz, die sich daraus ergibt, dass man als Modell zwar unbekleidet ist, aber trotzdem stets eine professionelle Atmosphäre gewahrt wird.

Das Aktzeichnen ist eine jahrhundertealte Praxis, bei der es darum geht, die Proportionen des nackten menschlichen Körpers zu erfassen und wiederzugeben. Die Aktmodelle der auch in Berlin zahlreich angebotenen Zeichenkurse sind eine bunte Truppe. Es besteht keinesfalls ein äußerliches Ausschlusskriterium wie zum Beispiel Größe oder Gewicht. Denn es gilt das Prinzip, echte Körper zu zeichnen. Die meisten Models sind deshalb ganz „normale“ Leute. Trotzdem können sich nur die Wenigsten vorstellen, einen solchen Nebenjob zu haben und unbekleidet vor einer Gruppe fremder Menschen zu stehen.

Professioneller Umgang mit der Nacktheit

Therese aber findet, dass der lockere Umgang mit dem Körper etwas Schönes ist. „Ich habe mit Nacktheit kein Problem“, erzählt sie nachdenklich. Dennoch sei es ihr wichtig, dass im Kurs eine professionelle und entspannte Atmosphäre geschaffen werde. Dies bedeute für sie, dass stets respektvoll mit ihr umgegangen wird und sie nicht das Gefühl verliert, der Kunst wegen auf dem Podest zu stehen.

Da die meisten Kurse öffentlich sind, kann es natürlich auch vorkommen, dass sich unter die Teilnehmenden Leute mischen, die „kommen um zu gaffen“. Angeblich habe sich sogar mal jemand beschwert als das Modell nicht weiblich war. So etwas habe Therese selbst aber noch nie erlebt, denn unangenehm auffallende Teilnehmer seien zum Glück die Ausnahme. „Wenn es mir unangenehm wäre, würde ich es auch nicht machen“, sagt sie entschlossen.

Teil der Kunst sein

Da man gar nicht so viel verdient wie man denken würde – 30 Euro für eine zweistündige Sitzung – findet Therese, dass der Job auch Spaß machen und einen persönlichen Mehrwert für sie beinhalten muss. Nicht nur die Nacktheit an sich, aber vor allem auch das Einschlagen der verschiedenen Posen und das Testen ihrer körperlichen Grenzen halfen Therese, ein viel sichereres Körpergefühl zu entwickeln. Denn die in der Sitzungszeit variierenden Posen zu halten, sei extrem anstrengend.

Zu sehen, was die Künstlerinnen und Künstler aus ihren Posen machen und was für dabei entstehen, sei für sie faszinierend und schön. Nicht nur stilistisch würden sich die Zeichnungen, von abstrakt bis hin zu absolut naturalistisch, unterscheiden. Sie zeigen das Modell auch aus verschiedenen Winkeln und produzieren eine spannende Vielfalt an Bildern. So wird man als Aktmodell Teil des Schaffens und des kreativen Prozesses.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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2 Responses

  1. Daniela sagt:

    Was geschieht mit den Bildern die gezeichnet wurden? Ich habe Interesse mich als Akt Modell zeichnen zu lassen. Ich bin 38 Jahre und komme aus Brasilien

  2. Winfried (58 Jahre) sagt:

    Was geschieht mit den Bildern die gezeichnet wurden? Ich habe Interesse mich als Akt Modell zeichnen zu lassen. Ich bin 58 Jahre und komme aus Paderborn.

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