Der versteckte Bücherschatz

Viele studieren seit Jahren an der FU ohne ihn zu kennen: den Bücherbasar in der Silberlaube. Mehr als 20.000 Werke stehen dort. Geld, das sie einbringen, fließt in neue Bücher – für die Philologischen Bibliothek. Von Lilli Williams und Cecilia Fernandez

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Durch die Einnahmen des Bücherbasars werden Neuanschaffungen für die Philologische Bibliothek finanziert. Fotos: Fabienne Bieri

Mick Jaggers Stimme rauscht durch die Regale: „Time waits for no one and it won’t wait for me.“ Es ist 17 Uhr an einem Dienstag und Lutz Friedemann legt wie zu jedem Feierabend ein Rolling-Stones-Album auf, um zu signalisieren, dass der Bücherbasar der FU bald schließt. Rausgeschmissen wird hier trotzdem niemand. Auch nach offiziellem Ladenschluss durchforsten oftmals zwei bis drei potenzielle Kunden die hohen weißen Regale, in denen mehr als 20.000 Werke zum Verkauf bereit stehen.

Schwer zu finden: der Bücherbasar in der Silberlaube

Schwer zu finden: der Bücherbasar in der Silberlaube

Seit über zehn Jahren ist Friedemann im Bücherbasar nicht nur für die musikalische Untermalung, sondern auch für die Kundenbetreuung zuständig. Gerade dabei blüht der ehemalige Student der FU auf. Mit seinen zahlreichen Stammkunden ist er häufig in weitläufige Gespräche über Kunst und Kultur, ehemalige Kommilitonen und Lokalgeschichte verwickelt. Er führt den Bücherbasar mit sanfter Hand und viel Gemächlichkeit.

Von Anglistik bis Zoologie

Der Basar – ein umfunktionierter Seminarraum – ist nicht gerade leicht zu finden: Am Hörsaal 1 vorbei weist eine Stellwand vor der gegenüberliegenden Fensterfront den Weg über die begrünte Fläche außerhalb der Rost- und Silberlaube und ins Untergeschoss. Wer an einem Dienstag, Mittwoch oder Donnerstag zwischen 12 und 17 Uhr den Raum JK 29/010 betritt, wird von Lutz Friedemann oder einem seiner Kollegen herzlich empfangen. Friedemann berät Literatursuchende gerne und fasst das vielfältige Angebot zusammen: „Von Anglistik bis Zoologie gibt es alles“ sagt er. „Und linke Literatur haben wir auch viel. Die steht in der rechten Ecke. Ist aber nur Zufall,“ schließt er mit einem Lachen.

Die Auswahl ist enorm: Unter antiquarische Exemplare mischen sich im Bücherbasar leicht vergilbte Reclamhefte, dicke Bildbänder und filigrane Zeitschriften teilen sich die Regalbretter. Bunte Zettel verweisen auf die diversen Literaturkategorien – von erotischer Literatur über politikwissenschaftliche Standardwerke bis hin zu naturwissenschaftlichen Publikationen scheint es hier an nichts zu fehlen. Erstaunlich sind auch die Preise. Nobelpreisträger Vargas Llosa kostet hier 2,50 Euro, Alice Schwarzers „Im Männerland“ drei, eine Aphorismensammlung von Goethe zwei Euro.

Günstige Preise, die nur deshalb möglich sind, weil es sich bei allen Exemplaren um Spenden handelt. Sie kommen von Professoren kurz vor der Emeritierung, großzügigen Buchhändlern, Wohnungsauflösungen oder Studierenden. Die rund 20 aktiv Mitwirkenden der immerhin 250 Mitglieder des „Förderkreis Philologische Bibliothek Freie Universität“ kümmern sich um die Spendenannahme, übernehmen Schichten beim Verkauf und leisten Geldspenden. Der eingetragene Verein setzt sich zusammen aus Mitarbeitern, Studierenden und Ehemaligen der FU sowie Bibliotheksnutzern, die sich der Philologischen Bibliothek besonders verbunden fühlen.

Mehr finanzielle Mittel für Philologische Bibliothek

Denn in diese fließen die Profite: Durch die Einnahmen des Bücherbasars werden Neuanschaffungen für die Philologische Bibliothek finanziert. Etwa die Hälfte der jährlichen Neuerwerbungen wird inzwischen vom Verein finanziert. Die Vereinsarbeit hat bisher 250.000 Euro zusammengebracht.

Große Auswahl dank Spenden

Mehr als 20.000 Werke stehen hier zum Verkauf bereit

Gegründet wurde der Förderkreis 1996. Damals kürzte die FU den Etat der Germanistikbibliothek drastisch – von einem Jahr aufs andere wurden 75 Prozent des Budgets für Buchkäufe ersatzlos gestrichen. Die hoch angesehene Institutsbibliothek, die 2005 in der neueröffneten Philologischen Bibliothek aufging, drohte den wissenschaftlichen und kulturellen Anschluss zu verlieren. Als Reaktion auf die Kürzungen gründeten Studierende einen Förderkreis und organisierten auf Tischen in den Gängen ihres Instituts den Verkauf von Bücherspenden, um Geld für die Bibliothek zu sammeln.

Mittlerweile findet der Buchverkauf im Bücherbasar statt und bringt im Jahr 17.500 Euro ein. Selbst aus dem Saarland und Bayern kommen Spenden. „Wer hier viel kauft, kann dort viel ausleihen,“ beendet Friedemann seine Erklärung, während er mit einem wohlwollenden Lächeln in Richtung der Philologischen Bibliothek nickt. Und die Stones-Platte laufen lässt, anstatt zu schließen.

LESEEMPFEHLUNG: Nur wenige an der FU kennen den Geruch von Büchern so gut wie Knut – und alle kennen ihn. Lest hier das Porträt über einen Buchhändler, der nicht mehr von der Universität wegzudenken ist.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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