Zu viel Licht ist teuer und umweltschädlich. Warum FU-Wissenschaftler Christopher Kyba Energiesparlampen trotzdem kritisch sieht – Francis Laugstien hat nachgefragt.
[slideshow_deploy id=’22017′]FURIOS: Als Lichtforscher setzen Sie sich gegen nächtliche Überbeleuchtung ein. Was ist schlecht an zu viel Licht?
Kyba: Das Problem ist, dass Licht nachts häufig an Stellen eingesetzt wird, an denen es nicht gebraucht wird. Erstens wird dadurch jede Menge Energie verschwendet. Zweitens wirkt sich zu viel Licht negativ auf die Umwelt aus. Zum Beispiel auf Insekten oder Vögel, die von Lichtquellen angezogen werden.
Gemeinsam mit anderen Kollegen warnen Sie davor, dass energiesparende Leuchtmittel diese Probleme noch verschärfen.
Das liegt am sogenannten Rebound-Effekt: Wer ein energiesparendes Auto besitzt, neigt häufig dazu, mehr zu fahren, weil seine Energiekosten geringer sind. Studien haben gezeigt, dass der Anteil am BIP, der für den Konsum von Licht aufgewendet wird, über Hunderte von Jahren gleich geblieben ist. Daraus lässt sich schließen, dass der Rebound-Effekt hier sehr hoch ist. Wir haben ein bestimmtes Budget, das wir für Leuchtmittel aufwenden. Dafür kaufen wir dann so viel Licht, wie wir können. Wenn die Lampen effektiver werden, bedeutet das mehr Beleuchtung.
Was empfehlen Sie, um das Problem der Lichtverschmutzung in den Griff zu bekommen?
Unsere erste Empfehlung ist, Licht in der Menge, an dem Ort und zu der Zeit einzusetzen, zu der es tatsächlich gebraucht wird. Straßenbeleuchtung sollte zum Beispiel nicht in die Fenster oder in den Himmel scheinen. Auch könnte man die Beleuchtung in Stadtteilen, in denen nachts nicht viel los ist, reduzieren. Idealerweise könnte man dort mit Bewegungsmeldern arbeiten. Ein anderer Vorschlag ist, genau zu erforschen, wie viel Licht benötigt wird, um nachts sicher durch den Straßenverkehr zu kommen oder auf einer Baustelle zu arbeiten. Dann könnten wir nicht nur Unter-, sondern auch Obergrenzen für Beleuchtung festlegen.
Welche Schritte wurden bisher unternommen?
Die Maßnahmen für den effizienteren Einsatz von Licht unterscheiden sich sehr stark nach ihrem Ziel. In Arizona gab es jahrzehntelang Gesetze zum Schutz des Nachthimmels, weil die Astronomie dort ein großes Geschäft ist. Den Franzosen ging es um das Einsparen von Energie: In Bürogebäuden müssen eine Stunde, nachdem die Mitarbeiter gegangen sind, alle Lichter ausgehen. Schaufenster dürfen ab einer gewissen Uhrzeit nicht mehr beleuchtet werden. Berlin hat zwar noch keine konkreten Gesetze, dafür aber einen sehr detaillierten Beleuchtungsplan. Der Senat verzichtete deshalb auf die Umsetzung der europäischen Norm für Straßenbeleuchtung. Diese hätte die Stadt noch heller gemacht.
Wie reagieren Menschen, wenn man ihnen erzählt, dass sie mit Licht sparsam umgehen sollen?
Das hängt davon ab, wie man den Leuten das Thema nahebringt. Menschen, die sich noch nie damit auseinandergesetzt haben und nicht genau wissen, worum es uns geht, reagieren oft sehr aufgebracht. Als sich 2012 in Niedersachsen die rot-grüne Opposition für eine Reduzierung der Beleuchtung aussprach, erklärte ein FDP-Politiker: „Die flippen jetzt völlig aus. Die Sicherheit der Bürger wird aufs Spiel gesetzt.“ Doch viele realisieren nicht, dass dies auf die nächtliche Wahrnehmungsfähigkeit in der Stadt fast keine Auswirkungen hätte. Dadurch, dass es weniger Blendung gäbe, könnten wir bei Nacht sogar besser sehen.
Bei unserem letzten Interview sprachen wir über ihr Projekt „Skyglow Berlin“, mit dem Schüler für das Problem der Lichtverschmutzung sensibilisiert werden sollten. Was ist daraus geworden?
Das Projekt hat die erste Phase schon hinter sich. Die Schüler haben selbständig Messungen angestellt, damit wir die Entwicklung des Nachthimmels über der Stadt dokumentieren können. Die Resonanz war echt super, das war eine großartige Erfahrung. Leider wurden nur sehr wenige Daten gesammelt. Im Herbst werden wir weitermachen und ich werde einige Nachbesserungen vornehmen, damit wir mehr Output bekommen.