Flüssiges Gold vom Mensadach

Über den Köpfen unwissender Studenten leben seit April drei Bienenvölker zur Probe. Seit Semesterbeginn gibt es jetzt sogar eigenen Uni-Honig. Marie Halbich war auf dem Dach der Mensa zu Besuch.

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Mit geübten Handgriffen entfernt Jürgen Spethmann die Abdeckung des Bienenstocks. Nur noch eine dünne Folie trennt ihn jetzt von seinen summenden Schützlingen. Er zündet ein Stück Pappe an und lässt den Rauch behutsam in den Kasten strömen. Dann entfernt er die Folie und löst die einzelnen Rähmchen vorsichtig mit einem Messer, bevor er mit bloßen Händen in den Kasten greift.

Eigentlich arbeitet Spethmann in der großen Mensa der Silberlaube, doch seit April steigt der gelernte Koch regelmäßig auf das Dach, um nach seinen Bienen zu sehen. Der 64-Jährige ist schon seit 30 Jahren begeisterter Hobbyimker, aber ihn faszinieren auch sonst eher unbeliebte Arten wie Wespen, Hummeln und Hornissen.

Von der Küche aufs Dach

Als ihm das Studentenwerk Berlin Anfang dieses Jahres anbot, im Rahmen der Initiative „Berlin summt!“ Honigbienen auf dem Mensadach zu halten, musste er nicht lange überlegen. Anfangs konnte er es kaum fassen, sich während der Arbeitszeit um seine Bienen kümmern zu dürfen: „Ich bin als Koch hier und auf einmal darf ich mich nebenbei meinem Hobby widmen!”

„Berlin summt!“ hat Bienen nicht nur auf die FU, sondern auch auf zahlreiche andere repräsentative Dächer der Stadt gebracht: Ob auf dem Berliner Dom, dem Abgeordnetenhaus oder der Staatsoper – mittlerweile finden sich Bienenstöcke auf vielen prominenten Häusern. Auf der Mensa Nord der Humboldt-Universität summt es schon seit April 2011.

„Stirbt die Biene, stirbt der Mensch“

Die Aktion wurde mit dem Berliner Naturschutzpreis 2014 ausgezeichnet und ist Teil der landesweiten Initiative „Deutschland summt!“. Sie will Deutschlands Großstädte bienenfreundlicher gestalten, denn Honig- und Wildbienen haben immer mehr mit Pestiziden, Krankheiten, Parasiten und einem geringen Nahrungsangebot zu kämpfen. Die Aktion wirbt für mehr Stadtnatur und für eine größere Wertschätzung der wichtigen Bestäuberinsekten. Warum Bienen für den Menschen lebensnotwendig sind, soll Albert Einstein einst so ausgedrückt haben: „Keine Bienen mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, kein Mensch mehr.“

Die Mensa-Bienen der FU passen zudem hervorragend ins Konzept des Studentenwerks, das sich um frische und regionale Bio-Produkte auf den Tellern bemüht. Auch der Honig vom Dach ist nachhaltig, sauber und in jeder Hinsicht ein Uni-Produkt. Er wird sogar in der Mensaküche geschleudert und abgefüllt. Der Erlös aus dem Honigverkauf an den Mensakassen wird in die Bienenhaltung investiert.

Obwohl das Dach wegen der großen Temperaturunterschiede im Sommer und Winter für die Bienen nicht ideal ist, haben sie die Versuchsphase insgesamt gut überstanden. Im nächsten Frühjahr wird der Standort dann offiziell eingeweiht. Im März geht Mensakoch Spethmann in Rente. Für ihn steht aber jetzt schon fest, dass er sich auch danach solange wie möglich um die Bienen kümmern will.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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