Anwältin der Tiere

Dank eines Stipendiums arbeitet die junge Tierärztin Jessica Magenwirth bald in einem Tierkrankenhaus in Thailand. Was sie dort vorhat erzählte sie Kn-Ri Park im Interview.

Jessica Magenwirth bei der Arbeit. Foto: Marcus Westberg

Jessica Magenwirth bei der Arbeit. Foto: Marcus Westberg

Jessica Magenwirth ist eine Frau die anpackt. Die 27-jährige Tierärztin und FU-Absolventin setzt sich für Tierschutz und das verständnisvolle Zusammenleben von Mensch und Tier ein. Im Dezember 2014 erhielt sie ein Stipendium über ein Programm der Bayer AG und wird nun ab Dezember für sechs Monate im Baan Unrak Thai-Tierkrankenhaus in Sangkhla Buri in Thailand arbeiten.

FURIOS: In einer Facebook-Gruppe für reise- und wildtierinteressierte Tiermediziner sind Sie auf das Tierkrankenhaus in Thailand gestoßen. Dort werden Sie ab Dezember arbeiten. Worum geht es in dem Projekt?

Magenwirth: Ich werde mit dem lokalen Tierarzt zusammenarbeiten. Vor kurzem wurde dort eine neue Tierklinik eröffnet, die sehr modern eingerichtet ist. Unter anderem werde ich bei Sterilisations- und Kastrationsprojekten von Straßenhunden mitarbeiten. Ich möchte mich aber auch für Aufklärungsarbeit engagieren und zusammen mit der Lokalbevölkerung und den benachbarten Klöstern Projekte gestalten. Meine Anliegen sind Themen des „One Health“-Prinzips, ich möchte den Schwerpunkt auf sogenannte Zoonosen legen. Das sind Erkrankungen, die sowohl Menschen als auch Tiere betreffen können. Es kommen auch Krankheiten vor, die bei uns zum Glück nur sehr selten sind, wie z.B. Tollwut.

Welchen Stellenwert hat der Tierschutz in dieser Gegend?

Tierschutz stößt bei den meisten Menschen häufig auf Unverständnis. Das liegt an einer Umgangsweise, die dort schon längere Zeit vorherrscht. Zum Beispiel ist weniger bekannt, dass ein Ausruf eines Tieres nicht nur Aggression bedeutet, sondern auch ein Ausdruck von Schmerz oder Angst sein kann. Ganz konkret besteht das Problem in der Region nicht darin, dass Tiere, die hochgradig aggressiv oder krank sind, euthanasiert oder getötet werden, sondern dass solche Tiere in dem Maße verletzt werden, dass sie nicht mehr selbständig lebensfähig sind. Das sollte man keinem Lebewesen antun. Darüber möchte ich aufklären und Alternativen aufzeigen. Auch der Beruf als Tierarzt verpflichtet, wenn auch nicht immer „radikal“ aber zumindest für Tiere einzutreten. Der Tierarzt ist sozusagen ihr Anwalt. „One Health“ geht noch einen Schritt weiter, weil die Seite des Menschen berücksichtigt. Deshalb möchte ich in den Projekten mit den Menschen vor Ort arbeiten, um auch die sozialen und kulturellen Hintergründe besser zu verstehen. Das Miteinander liegt mir sehr am Herzen.

Was ist das „One Health“-Prinzip?

Die Gesundheit eines Lebewesens geht einher mit der Gesundheit seiner Umwelt und der Gesundheit der anderen Lebewesen, mit denen es zusammenlebt. In der Populationsmedizin heißt das konkret, dass, um eine Population wie zum Beispiel die Gorillas gesund zu erhalten, auch der Regenwald erhalten werden muss. Nicht vorhandene Nahrung oder auch Krankheiten anderer Spezies, von Tieren oder auch Menschen, sind negative Einflussfaktoren, die die Gesundheit der Population gefährden. Deshalb gibt es Impfprojekte, die sowohl den Menschen, also die Projektmitarbeiter, Ranger und Tracker gegen eine Vielzahl von Erkrankungen impfen, aber auch die Hunde, die in der Umgebung der Gorillas leben.

Um ihre Arbeit in Thailand antreten zu können, haben Sie ein Stipendium des Carl-Duisberg-Programms der Bayer AG angenommen. Wie kam es dazu, dass Sie sich überhaupt für das Stipendium beworben haben?

Tiermedizin zu studieren ist am Ende nicht mehr so lustig (lacht). Daher habe ich mir gedacht: ‘Sammel erst mal ein Jahr lang Erfahrung die dir bestätigt, dass du genau das Richtige gemacht hast. Das war dein Studium dir wert.’

Sie sind zur Zeit in Kanada als Forschungsassistentin beschäftigt, zuvor waren Sie in Afrika, jetzt geht es bald nach Thailand zum nächsten Projekt. Werden Sie bald alle Kontinente abgeklappert haben?

Ja (lacht), das wäre schon nicht schlecht. Ich habe mein Studium in Belgien begonnen und war seit 2011 regelmäßig im Ausland. Für drei Monate ging ich an die Cornell University (USA), da ich im „Cornell leadership program for veterinary students“ aufgenommen wurde. Dort wurden mir sozusagen die Türen und Augen geöffnet. Möglicherweise war das mein persönlicher Wendepunkt, an dem mir klar wurde, dass die traditionelle klinische Praxis nichts für mich ist. Im Rotationsjahr habe ich meine Wahlpraktika in North Carolina in der Pathologie, in Georgia bei der Wildtierforschung und Pathologie und in Vancouver Island rund ums Thema Ecosystem Health gemacht. Ich habe immer versucht, weltweit Erfahrungen zu sammeln.

Wie geht es in Zukunft weiter?

Ich möchte weiterhin im Bereich „One Health“ tätig sein, da liegt meine Begeisterung. Das ist keine Laborforschung, sondern Forschung mit konkreter Anwendung. Dabei kann man viel über die kulturellen und sozialen Hintergründe der jeweiligen Umgebung lernen. Es ist ein interdisziplinäres Feld, in dem natürlich nicht nur Tierärzte arbeiten.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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