TTIP lieben lernen

Was bringt die Freihandelszone zwischen den USA und der EU? Bei einer FU-Podiumsdiskussion am Mittwoch dominierten die Befürworter des Abkommens. Grünen-Politikerin Renate Künast war als einzige dagegen. Von Ann-Kathrin Jeske.

Professoren und Wissenschaftler Diskutieren über TTIP. Foto: Alexandra Brzozowski

Professoren und Wissenschaftler diskutieren über TTIP. Foto: Alexandra Brzozowski

„TTIP – Freier Handel teuer bezahlt?“, lautete das Thema der Podiumsdiskussion, zu der die FU am Mittwoch einlud. Im Großen Saal des Tagesspiegel diskutierten FU-Professoren und Politiker über das zwischen der EU und den USA geplante Freihandelsabkommen. Die Runde war Teil der Diskussionsreihe „Wissenschaft trifft Politik“, die die FU gemeinsam mit dem Tagesspiegel und der Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa organisiert.

Die Politikwissenschaftlerin Tanja Börzel verglich die Einführung eines gemeinsamen Marktes der EU und den USA mit dem europäischen Binnenmarkt. Die geplanten Harmonisierungen in der Wirtschaft brächten viele Vorteile mit sich. Es sei zum Beispiel sinnvoll, wenn es in der Automobilindustrie künftig einheitliche TÜV-Regelungen gebe. In anderen Bereichen mahnte die Professorin aber zur Vorsicht. Sie räumte ein, dass durch die Angleichungen in einigen Fällen die höheren EU-Standards auf das niedrigere US-Niveau herabgesenkt werden könnten. Dies gelte vor allem für Lebensmittel: Beim Griff ins Supermarktregal schaue nicht jeder Verbraucher auf die Verpackung.

Zum Thema Schiedsgerichtsbarkeit sprach der Staats- und Verwaltungsrechtler Steffen Hindelang. Wenn das Freihandelsabkommen durchgesetzt wird, könnten Unternehmen künftig Staaten vor Wirtschaftsgerichten verklagen, die außerhalb der nationalen Justiz agieren. „Schiedsgerichte können als Rettungsboot sinnvoll sein, sie dürfen nur nicht die Verwaltungsgerichte abwracken“, erklärte der Jurist. Auf die Einführung von Schiedsgerichten drängen die USA in den Verhandlungen mit der EU Kommission deshalb, weil sie die Zuverlässigkeit der Justiz in einigen Ländern Osteuropas bezweifeln. Unternehmen hätten dann die Wahl, vor staatlichen oder privaten Gerichten zu klagen.

Auch der Bundestagsabgeordnete Jürgen Hardt (CDU) lieferte keine Argumente gegen das Abkommen. In seinem Wahlkreis in der Region Wuppertal sei es für mittelständische Spezialwerkzeughersteller wichtig, dass sie durch TTIP künftig Kosten sparen können. Hintergrund ist, dass durch die Einigung auf einheitliche Technikstandards teure Zulassungsverfahren wegfallen.

So blieb es Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen), die als Einzige gegen TTIP argumentierte. Die Bundestagsabgeordnete verurteilte den „Friss oder stirb“ Charakter des hinter verschlossenen Türen verhandelten Abkommens. Auch Hindelang wurde von Künast kritisiert: Weder die USA noch die EU-Staaten seien „failed states“ mit zweifelhafter Gerichtsbarkeit. Schiedsgerichte als „Rettungsanker“ seien daher überflüssig.

Aufmerksam verfolgt wurden die Redebeiträge auch von der Initiative „FU gegen TTIP“. Auf einer Flipchart sammelten die Studierenden die für und gegen das Abkommen vorgetragenen Argumente. Eine Extra-Spalte hatte sie für Scheinargumente reserviert. Nach einer Aktion an der HU vor zwei Wochen setzte die Initiative auf diese Weise ihren Protest gegen das Abkommen fort.

Kritik gab es auch an den Veranstaltern: „Die Diskussion war mit nur einer echten Gegenposition zu TTIP traurig besetzt. Auch eine Debatte über die Gefahren von TTIP für die Demokratie hat nicht stattgefunden“, bemängelte Marius Weichler von „FU gegen TTIP.“ „Die Verfechter des Abkommens sollten wenigstens ehrlich sein. Bei TTIP geht es um Machterhalt.“

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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