Kaum Hoffnung auf Frieden

Autor Martin Schäuble befasst sich in seinen Büchern mit dem Nahostkonflikt. Für seine Arbeit ist er zu Fuß durch die Region gereist und hat mit den Menschen vor Ort gesprochen. Carlotta Voß hat ihn interviewt.

Martin Schäuble

Sachbuchautor Martin Schäuble in Ramallah. Foto: Fadi Arouri

Martin Schäuble ist Journalist und Sachbuchautor. Er studierte Politikwissenschaft in Berlin, Israel und Palästina und promovierte an der FU Berlin über Wege in den Dschihad. 2007 erschien mit „Die Geschichte der Israelis und Palästinenser“ sein erstes Buch über den Israel-Palästina-Konflikt. Für sein zweites Buch „Zwischen den Grenzen“ reiste er 2012 zu Fuß durch die Region.

FURIOS: Herr Schäuble, Sie haben mit „Die Geschichte der Israelis und Palästinenser“ sowie „Zwischen den Grenzen“ zwei umfangreiche Bücher über Israel und Palästina vorgelegt. Wie ist Ihr Interesse an dem Thema entstanden?

Schäuble: Ich habe erstmals für ein Zeitzeugen-Gespräch Jerusalem bereist. Kaum angekommen, wollte ich bleiben – zu spannend und interessant war es, mitten im Nahost-Konflikt zu leben. Da zu einem Konflikt mindestens zwei Seiten gehören, musste ich auch auf beiden Seiten studieren, also in Israel und Palästina. Das habe ich dann getan. In dieser Zeit konnte ich auch schon für mein erstes Buch recherchieren.

Nun ist der Israel-Palästina-Konflikt ja bereits Gegenstand unzähliger Bücher. Wieso wollten Sie dennoch selbst ein Sachbuch darüber zu schreiben?

Mir fehlte es an ausgewogenen Büchern, die beide Seiten darstellen. Außerdem interessiere ich mich nicht für Fachanalysen von Schreibtisch-Autoren. Mein Zugang war und ist immer ein eher ethnologischer: Ich wollte von Zeitzeugen hören, wie die Geschichte aus ihrer Sicht verlaufen ist. Da in kleinen Ländern wie Israel und Palästina jeder jeden kennt, kam ich schnell von einem Kontakt zum nächsten. Es gibt Überlebendenverbände, Veteranen-Netzwerke und wenn ich dort nicht weiterkam, bin ich auch von Tür zu Tür gegangen.

„Die Geschichte der Israelis und Palästinenser“ ist 2007 erschienen, dieses Jahr ist die Situation in Israel wieder eskaliert. Hatten Sie damit gerechnet?

Leider rechne ich immer damit. Inzwischen ist es ein Taschenbuch geworden, so können wir schneller aktualisieren und auch die Chronologie am Ende des Buches erweitern. Es stellt sich immer die Frage, wann ein Ereignis eine solche Zäsur darstellt, dass wir ein nächstes Kapitel schreiben müssen. Vieles scheint ja als ewige Wiederholung abzulaufen, aus der beide Seiten nichts lernen. Aber natürlich ist das leicht gesagt aus der Ferne. In den Büchern halte ich mich mit solchen altklugen Äußerungen zurück. Solange man nicht selbst dort lebt, nicht selbst Familie und Freunde dort hat, ist es einfach sehr, sehr schwer, beide Seiten zu verstehen.

Besonders unter dem Eindruck Ihrer letzten Reise: Glauben Sie, dass noch Hoffnung auf Frieden zwischen den Ländern und ihren Menschen besteht?

Ich habe auf meiner letzten Reise Israel und Palästina zu Fuß und per Anhalter durchquert und konnte dadurch sehr dicht an die Menschen herankommen. Ich habe sehr viel von solchen Begegnungen gelernt, aber Hoffnung auf Frieden vermittelte mir kaum eines der Gespräche.

Nach Ihren Erfolgen als Sachbuchautor haben Sie 2013 erstmals auch einen Roman vorgelegt: „Die Scanner“ setzt sich mit Digitalisierung und Überwachung auseinander. Was reizt Sie am literarischen Erzählen?

Hier kann ich verarbeiten, was sich beim Leben in Krisenregionen und auf meinen Reisen anstaut. Nicht alles passt in ein Sachbuch, sei es thematisch oder atmosphärisch. Manche Orte aus den „Scannern“ habe ich wirklich gesehen und meiner Geschichte nur angepasst. Entsprechend meiner Sachbuch-Themen und den Recherche-Erlebnissen handelt es sich bei „Die Scanner“ um eine Dystopie, nicht um eine Lovestory.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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