Wie beeinflusst Facebook die Identitätsentwicklung Heranwachsender? FU-Doktorandin Anna Metzler untersucht das Verhalten von Kindern und Jugendlichen im sozialen Netzwerk. Von Friederike Oertel
[slideshow_deploy id=’22965′]Posts, Fotos, Kommentare: Vor allem für Jugendliche ist Facebook eine digitale Spielwiese. Eine ideale Plattform, um mit Freunden zu chatten, deren Beiträge zu kommentieren und Links zu teilen. Aber auch, um sich selbst darzustellen und auszuprobieren. Welches Profilbild kommt gut an, welche Statusmeldung wird mit besonders vielen Likes geehrt? Das Feedback der Anderen ist wichtig. So findet ein Teil ihrer Identitätsbildung mittlerweile im Netz statt. Doch kritische Stimmen mahnen, die Selbstdarstellung sei überzogen und bloße Eigen-PR. Mit dieser Frage beschäftigt sich die Psychologin Anna Metzler in ihrer Doktorarbeit mit dem Titel „Du und Facebook“. Welches Selbstbild entwickeln Kinder und Jugendliche im Netz und wie wirkt sich das auf ihr Verhalten in der Offline-Welt aus?
Jugendliche entwickeln im Internet ihr Selbstbild
Die Idee für das Thema kam Metzler bereits während ihrer Tätigkeit als Kinder- und Jugendpsychotherapeutin: „Einige der Jugendlichen haben mir erzählt, was auf Facebook passiert“, sagt sie. „Die Plattform hat einfach einen großen Stellenwert in ihrem Leben.“ Einen Grund für die Attraktivität von sozialen Netzwerken sieht sie in den Entwicklungsaufgaben, die Kinder und Jugendliche in dieser Lebensphase bewältigen müssen: „Kontakte zu Gleichaltrigen aufzubauen und das eigene Ich im sozialen Kontext wahrzunehmen ist in diesem Alter sehr wichtig. Diese Möglichkeit bietet Facebook“, so die Doktorandin.
In Metzlers erster Studie, die nun veröffentlicht wird, geht es um das Verhältnis von Selbstbild und Selbstdarstellung der Jugendlichen im Netz. „Wie möchte ich gesehen werden? Wie stelle ich mich dar? Diese Fragen sind für Jugendliche besonders wichtig“, erklärt Metzler. Denn wer sie sind und was sie können, erfahren Jugendliche vor allem durch die Interaktion und den Vergleich mit Gleichaltrigen. Die Rückmeldungen der Anderen helfen ihnen dabei, ihr Selbstbild zu entwickeln, so die Doktorandin. Mit der Studie will sie herausfinden, wie sich die Selbstdarstellung im Netz auswirkt. Ihr Fokus liegt dabei besonders auf den positiven Auswirkungen.
Stimmen Offline- und Onlinebild überein?
Für die Untersuchung entwickelte die Psychologin Online-Fragebögen, die sie von jugendlichen Probanden ausfüllen ließ. Sie basieren auf gängigen psychologischen Testverfahren, wie beispielsweise der Rosenkranz-Skala, auf der sich die Teilnehmer selber einschätzen können. Die Fragen sollen zum Teil den Offline- mit dem Online-Kontext vergleichen. Metzler erläutert: „Bei der Kategorie ‚Initiierung von Kontakten’ frage ich, wie schwer es dem Probanden fällt, eine Person anzusprechen, die man nicht so gut kennt. Und auf Facebook bezogen: eine Freundschaftsanfrage zu senden.“ Rund 700 Kinder und Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren haben sich am ersten Durchlauf beteiligt.
Die Ergebnisse widersprechen dem Bild des digitalen Einsiedlers, der vor lauter Online-Interaktion kaum noch offline soziale Kontakte pflegt. Die meisten Jugendlichen stellen sich im Internet so dar, wie sie sind. Das kann positive Auswirkungen auf ihr Selbstwertgefühl haben: Eine Selbstdarstellung auf Facebook, die mit der eigenen Persönlichkeit übereinstimmt, macht zufriedener als eine geschönte und gestutzte Version von sich im Netz. Verallgemeinern kann man diese Aussage aber keineswegs. Allerdings hat Anna Metzler eine mögliche Antwort parat: „Der Mensch hat das Bedürfnis, so wahrgenommen zu werden, wie er ist.“ Mit wenigen Ausnahmen – Narzissten gibt es online wie offline.