Juristen büffeln, Soziologen haben Freizeit – eine neue Umfrage der Uni Konstanz bestätigt viele Klischees. Wie viel Aufwand bedeutet ein Studium an der FU wirklich? Mareike Edler sprach mit einem Politikstudenten.
Jede Woche stellen wir euch einen anderen Studiengang und den damit verbundenen Zeitaufwand vor. Diese Woche: Politikwissenschaft. Weitere Artikel findet ihr hier.
Normalerweise sitzt Markus Golla bei einem Interview auf der anderen Seite. Als Reporter und Moderator für das Berliner Campusradio CouchFM macht er Beiträge und Interviews zu allen möglichen Themen rund ums Studentenleben. Dazu kommt die Arbeit in der Redaktion und im Studio. Außerdem arbeitet er 20 Stunden pro Woche als Hörfunktechniker beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb). Ach ja, und nebenbei studiert er Politikwissenschaft.
Nach seiner Ausbildung beim rbb wollte Markus seine Berufsperspektive erweitern und entschied sich für ein Studium an der FU. „Im ersten Semester war ich hoch motiviert und habe versucht, alle Texte für die Seminare zu lesen“, sagt er. Bald aber musste er feststellen, dass das Studium der Politikwissenschaft ganz anders ist, als er sich das vorgestellt hatte.
Zu viel Theorie
Markus wünscht sich mehr Bezug zu aktuellen politischen Themen und Konflikten. Stattdessen waren vor allem die ersten Semester sehr von Theorie geprägt. „Mir fehlt oft der Antrieb, um mich so tiefgehend mit den theoretischen Ansätzen zu beschäftigen“, gibt er zu. Wann immer er konkrete Aufgaben zu erledigen hat, zum Beispiel ein Referat oder ein Essay, erledigt er diese gründlich. Ansonsten liest er nur die Seminartexte, die ihn interessieren. Bisher sei er damit sehr gut gefahren, sagt Markus.
Nachdem er in den ersten Semestern noch mehr belegt hat als die vorgeschriebenen sechs Lehrveranstaltungen, liegt er im dritten Semester mit zehn Wochenstunden knapp unter dem Durschnitt. Dafür könne er jetzt seine Seminare freier wählen und damit seinen thematischen Fokus selbst bestimmen. Allgemein habe er im Studium viele Freiheiten. „Es gibt kaum Fristen, die man zwingend einhalten muss“, erklärt Markus. Die Abgabe der Hausarbeit kann meist beliebig verschoben werden, eine Anwesenheitspflicht gibt es offiziell nicht.
Studium als Nebensache
Die Wahlfreiheit findet Markus gut, allerdings sei es schwierig sich zu motivieren, wenn man ein Thema an sich nicht spannend finde. „Wenn ich für CouchFM unterwegs bin, habe ich das Gefühl, dass ich sinnvolle Arbeit leiste“, erklärt Markus seine Prioritäten. Die Uni sei da eher eine zusätzliche Aufgabe, die er sich für seine Weiterbildung leistet. Er empfinde das Studium nicht als seinen „Hauptberuf“.
Die Studie der Universität Konstanz zum Thema Studienaufwand sieht Politikwissenschaft beim wöchentlichen Arbeitsaufwand auf Platz 22. Obwohl es bei ihm persönlich anders aussieht, findet Markus die Platzierung mit 26,1 Wochenstunden zwischen Erziehungswissenschaft und Psychologie durchaus plausibel. „Ich habe große Hochachtung vor allen Kommilitonen, die sehr viel für ihr Studium tun“, gibt er zu. „Und ich kenne einige, die sehr viel arbeiten.“ Da könnten bei gründlicher Vor- und Nachbereitung schon einige Stunden zusammenkommen. Dennoch habe er den Eindruck, es sei generell sehr einfach, einen Bachelor in Politikwissenschaft zu bekommen.
Trotz der mittlerweile geringen Anzahl an Wochenstunden ist Markus sich sicher, dass er in der Regelstudienzeit von sechs Semestern fertig werden kann. Bisher plant er nicht, einen Master zu machen. „Ich bin nicht der Typ für die Uni“, sagt er lachend. Er hätte Lust, am Abend nach Hause zu kommen und einfach wieder Feierabend zu haben. Ohne das Gefühl, eigentlich noch etwas für die Uni machen zu müssen. Dieses Gefühl dürfte wohl nicht nur ihm bekannt vorkommen.
Lehrveranstaltungen:3 Vorlesungen, 4 Seminare, 1 Tutorium, 16 Semesterwochenstunden
Vor- und Nachbereitung: durchschnittlich 2 Stunden pro Woche
Klausuren: 2
Hausarbeiten: /
Anwesenheitspflicht: nur in einzelnen Seminaren, individuell von Dozenten geregelt