Nächste Station: „Freie Universität”

Seit über 100 Jahren gibt es den U-Bahnhof „Thielplatz”. Nun soll er in „Freie Universität” umbenannt werden. Lisbeth Schröder erklärt das Vorhaben der FU und was Anwohner und Studierende davon halten.

Der Eingang zum U-Bahnhof „Thielplatz”. Foto: Christoph Spiegel

Auf ihrem Weg in die Uni steigen am U-Bahnhof „Thielplatz” jeden Tag tausende Studenten, Professoren und Mitarbeiter der FU ein und aus. Er ist einer der Verkehrsknotenpunkte für den universitären Betrieb. Anwohner aber verbinden mit der Station ganz andere Dinge.

Im anliegenden Thielpark säumen Trauerweiden die kleinen Tümpel, an denen man wunderbar spazieren kann, auf dem Spielplatz vergnügen sich die Kinder und in der rotgemauerten Kirche geht man am Sonntag zum Gottesdienst. Der graue Steinklotz und die kleineren Gebäude, die die Uni darstellen, seien nicht besonders bedeutend. Zumindest nicht bedeutend genug, um die alteingesessene U-Bahnstation in „Freie Universität” umzubenennen, so einer der Anwohner, der sich als Herr Gärsch vorstellt.

Für ein besseres Image

Wie Gärsch geht es vielen, die hier leben – sie wollen ihren „Thielplatz” behalten. Die Debatte um die Umbenennung des U-Bahnhofs begann 2007 im Rahmen der Exzellenzinitiative. Für die „Wissenschaftsstadt“ Berlin sei es durchaus imagestärkend, wenn die frisch ausgezeichnete Universität auch im U-Bahn-Netz sichtbar wäre, argumentierte die FU. Wie der Tagesspiegel berichtete, lebt die Diskussion nun wieder auf: FU Präsident Peter-André Alt sprach mit der Chefin der BVG, Sigrid Nikutta. Die Chancen auf eine Umbenennung seien gestiegen.

Am 10. März um 19 Uhr laden die FU und die Bezirksverwaltung zum Bürgergespräch im Henry-Ford-Bau ein, an dem auch Studierende teilnehmen können. Die Anwohner sollen bald schriftlich informiert werden.

Im Thielpark trifft man sie, die alteingesessenen Dahlemer. Sie sind jedoch schneller weg, als man sie in eine Diskussion verwickeln könnte. „Es heißt schon 100 Jahre ‘Thielplatz’, es gibt andere Dinge, die zu ändern sind“, meint Karin, eine ältere Spaziergängerin, im Vorbeigehen.

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Fotos: Christoph Spiegel

Schon seit 1913 trägt der U-Bahnhof den Namen „Thielplatz”, doch paradoxerweise gibt es hier gar keinen Platz – einen Thielpark und eine Thielallee hingegen schon. Namensgeber Hugo Thiel ist zumindest regional von Bedeutung: Als „Ministerialdirektor“ gab er eigene botanische Lehrbücher heraus, sorgte für den Ausbau Dahlems von einer landwirtschaftlichen Einöde zum prunkvollen Villenviertel und veranlasste schließlich die Verlegung der „königlichen Gärtner-Lehranstalt“ in die Gegend. Die heutige „königliche Gartenakademie“ liegt am botanischen Garten.

Haltestelle Exzellenzstatus

Bei Nachfrage kann sich allerdings kaum jemand an Herrn Thiel erinnern – ein verblichener Name, der immer mehr an Glanz verliert, während die FU ihn mit der Exzellenzinitiative überscheint? Schließlich ist es auch eine Frage des Prestiges, wie die U-Bahnstation heißen soll. Keine andere Universität in Berlin kann eine Haltestelle vorweisen, die nach ihr benannt wurde. Kioskbesitzer Gökhan ist deswegen nur dafür, wenn eine gewisse Gleichberechtigung herrscht: „Mir ist es nicht so wichtig, aber wenn, dann müssen andere Stationen auch nach den jeweiligen Unis benannt werden.“

Würde die Uni die Änderung des Namens durchsetzen, sollte sie laut Tagesspiegel auch den größten Anteil der immensen Kosten tragen. Nach Aussage des Pressesprechers des FU-Präsidenten ist die Situation noch unklar: „Die konkreten Kosten können noch nicht genau beziffert werden, auch wer genau sie tragen wird, ist bisher nicht abschließend geklärt.“

David Eckel, der für die CDU in der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf sitzt, gibt zu bedenken, dass lediglich die Schilder am U-Bahnhof ausgetauscht werden müssten. Die Fahrpläne der BVG würden sowieso regelmäßig aktualisiert. „Es würden keine Folgekosten für die Anwohner anfallen”, so der Politiker.

Irrungen und Wirrungen in Dahlem

Neben dem Image soll auch die Orientierung für die Studierenden verbessert werden. Allerdings liegen mindestens genauso viele Unigebäude, vor allem die der Naturwissenschaften oder das John-F.-Kennedy-Institut, in der Nähe der Haltestelle Dahlem-Dorf. Die Rost- und Silberlaube befindet sich genau zwischen den beiden U-Bahnhöfen. Der FU Pressesprecher stellt die Bedeutung des historischen Campus heraus: Durch den „Thielplatz” könne auch der „Gründercampus“ erschlossen werden.

Viele der Studierenden, die man auf dem Weg von der Uni zum U-Bahnhof trifft, stehen der geplanten Umbenennung recht neutral gegenüber. „Der Name ‘Freie Universität’ macht natürlich was her, aber eigentlich ist es mir egal“, meint Lotta, die in der Nähe English Studies studiert. Jurastudent Philipp hingegen fände es cool, wenn die U-Bahnstation nach seiner Uni benannt werden sollte. Mit dem Namen „Thielplatz” könne er nichts anfangen.

Zwischen hastigen Studierenden und den gemütlichen Spaziergängern Dahlems: Der „Thielplatz” vereint viele Generationen. Wer weiß, ob sie sich bald auf einen Namen einigen können. Auch andere U-Bahnhöfe, wie zum Beispiel „Naturkundemuseum”, wurden umbenannt und der umstrittene U-Bahnhof „Mohrenstraße” soll vielleicht bald „Nelson-Mandela-Straße” heißen. Berlin befindet sich im ständigen Wandel. Ob Dahlem sich diesem Wandel entziehen kann, wird sich zeigen.

Mehr Argumente für und gegen die Umbenennung werden unsere Autorinnen im kommenden Montagskommentar diskutieren.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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