Schon einmal Kurse anderer Studienfächer besucht? Eher nicht. Denn sich einen Kurs abseits des eigenen Fachgebiets anrechnen zu lassen, ist oft eine bürokratische Meisterleistung. Von Lisbeth Schröder
Hier wird nicht miteinander, sondern übereinander geredet: Im Seminarraum sitzen 32 Bachelorstudierende der Publizistik- und Kommunikationswissenschaften und hören dem Referenten bei seinen Ausführungen zum Thema „Wissenschaftskommunikation” zu. Was etwa ein Studierender einer Naturwissenschaft dazu zu sagen hätte, wie die Erkenntnisse aus seinem Forschungsgebiet für ein allgemeines Publikum zugänglich gemacht werden könnten, wäre bestimmt spannend. Schade, dass die Kommunikationswissenschaftler hier unter sich bleiben.
Dass hier keine Studierende aus anderen Fachgebieten sitzen, liegt jedoch nicht daran, dass sie hier nicht willkommen wären. Vielmehr liegt es daran, dass Studierende, die sich auch für Kurse außerhalb des eigenen Fachbereichs interessieren ein undurchsichtiges und kompliziertes Anmeldungsverfahren durchmachen müssen.
Kann ich mir das anrechnen lassen?
Da sind zunächst die vielen offenen Fragen, mit denen der motivierte Student konfrontiert ist: Wie funktioniert die Anmeldung? Welche Prüfungen muss ich absolvieren? Kann ich mir das anrechnen lassen? Die Antworten darauf sind schwer zu finden. Gerne verweist der Fachbereich des belegten Kurses auf den Fachbereich des eigentlichen Studiengangs – und vice versa.
Oft wird der Kurs auch nach absolvierter Prüfung nicht angerechnet. Für die Studierenden ärgerlich, denn viele wollen das Studium pünktlich beenden. Die Uni wieder kriegt für jeden Absolvierenden, der in der Regelstudienzeit fertig wird, mehrere tausend Euro – es wäre nur in ihrem Interesse den Studierenden möglichst viele anrechenbare Kurse anzubieten.
Lockere Philosophie, strenge Biologie
Dies gelingt zugegebenermaßen bei einigen Studiengängen leichter als bei anderen. Wirtschafts- und Naturwissenschaftler ziehen definitiv den Kürzeren: Es ist im Studienverlaufsplan nicht festgelegt, Module anderer Studiengänge zu besuchen. Und was nicht festgelegt ist, ist nicht möglich, so etwa das Prüfungsbüro der Wirtschaftswissenschaften.
Die Studienverlaufspläne für ohnehin fächerübergreifende Studiengänge wie Geographie sind eher auf Interdisziplinarität ausgelegt: Ein „affiner Bereich” sorgt bei ihnen dafür, dass Studierende in andere Studiengänge reinschnuppern können, ja sogar sollen. So können angehende Geographen zum Beispiel sogar einen Kurs der Lateinamerikastudien oder Politikwissenschaften belegen.
In der Philosophie sind die Regelungen ebenfalls ziemlich locker: Philosophiestudierende können einen Neurobiologiekurs weitgehend problemlos belegen. Biologen hingegen können sich keinen Philosophiekurs über Debatten zur Biotechnologie anrechnen lassen. Eine ungerechte Ironie.
Austausch ermöglichen
So bleibt dem Austausch zwischen den Wissenschaften doch nur das Kneipengespräch. Natürlich haben auch die Kommunikationswissenschaftler viel Schlaues über Wissenschaftskommunikation zu berichten. Allerdings wäre es ein lohnender Schritt, auch die andere Seite zum Dialog einzuladen.
In den Masterstudiengängen ist dies durch die vielen interdisziplinären Studiengänge weiter verbreitet. Warum sollten wir uns nicht schon im Bachelor mal links und rechts umschauen? Wieso sollten wir nicht die Methoden und Erkenntnisse anderer Wissenschaften in unsere Arbeit integrieren dürfen? Erst der Austausch zwischen den Fächern ermöglich Innovation und eine gegenseitige Erweiterung der Horizonte. Studierende, die engstirnig durch den Bachelor rasen, kann sich niemand wünschen. Also ab mit den Scheuklappen!