Mal eben in die Philologische Bibliothek gehen und den Rucksack verstauen – seit der Einführung des neuen Schließsystems eine Tortur. Wäre hier weniger Hightech mehr? Von Kim Mensing
„Sie standen wie die sprichwörtliche Kuh vor dem neuen Tor“. Patrick erinnert sich noch gut an die Studenten, die zu Semesterstart erstmals in die philologische Bibliothek kamen. Woher diese Verwirrung?
Seit dem neuen Semester ist der Bibliotheks-Euro überflüssig. Die Schließfächer funktionieren jetzt nur noch per Zahlencode oder Mensakarte, wie die in den Gängen der Silberlaube. Die Schwierigkeiten, die sich damit ergeben, dokumentierte Patrick in seinem Leserbrief an die FURIOS.
Offene Fächer
Die Technik bringt einige Schwierigkeiten mit sich – besonders, wenn sie innerhalb der Bibliothek funktionieren muss. Um die sterile Stille nicht zu stören, gibt es keine akustische Rückmeldung zum Zahlencode oder zur Mensakarte. Doch damit fehlt ein wichtiger Aspekt der Orientierung: wie viele Zahlen sind bereits eingegeben, oder besser – wurden sie überhaupt vom System registriert? Patrick berichtet von langen Warteschlangen, die auch dadurch entstanden, dass die Mensakarten gar nicht erst erkannt wurden.
Doch nicht nur das, teilweise verweigern die Schließfächer ihren Dienst. Ein weiterer Betroffener musste einsehen, dass auch auf Mensakarten kein Verlass ist. Er hatte seine Wertsachen in eines der elektronischen Fächer in den Gängen der Silberlaube eingeschlossen. Als er nach kurzer Zeit wieder kam, fand er sein Fach geöffnet und leer vor. Der Pförtner, bei dem der Inhalt abgegeben worden war, berichtete von einem anderen Studenten, der anscheinend aus Versehen das Fach mit seiner Mensakarte berührt hatte. Diese Lücken in der Technik werfen Zweifel auf: ist eine Modernisierung immer sinnvoll?
FU setzt auf Modernisierung
Thilo Amstein von der technischen Abteilung der FU kann nicht verstehen, wie es zu den Fehlern kommen konnte. Es sei technisch unmöglich, dass eine fremde Mensakarte das eigene Schließfach öffnen könne. Er selbst habe noch kein schlechtes Feedback bekommen – vielmehr gebe es gar den Wunsch, das System auch für die verbleibenden Bibliotheken umzusetzen.
Ausschlaggebend für die Modernisierung waren vor allem organisatorische Gründe: der Aufwand, verlorene oder abgebrochene Schlüssel zu ersetzen, falle weg und das Risiko für Beschädigungen oder Verschleißerscheinungen könne die Elektronik ebenfalls minimieren. Einen weiteren Vorteil mache das Zeitschloss aus, das sich abends automatisch öffnet. Außerdem war da der generelle Anspruch, Fächer für jedermann anzubieten: ein Zahlencode braucht kein Accessoire. Schöne Idee. Leider funktioniert nicht alles so wie gedacht.
Nicht, dass wir zu blöd wären, einen Zahlencode einzutippen – schließlich sind wir in die Digitalisierung hineingewachsen und mittlerweile echte Tipp-Meister. Es ist wohl reine Gewöhnungssache, die Orientierung beim Zahlencode ohne Piepton zu bewahren. Mittlerweile, so berichtet der Verfasser des Leserbriefs, hätten sich die ersten Verwirrungen gelegt. Auf die anfängliche Aufruhr reagiert nun auch die Bibliotheksverwaltung, indem sie demnächst eine Rundmail mit Bedienungshinweisen an alle Studenten schicken wird. Hauptsache, die lässt sich dann leicht entschlüsseln!