Zu schade für die Schublade

Studenten als Dozenten – das ist das Konzept einer studentischen Vorlesungsreihe in der Germanistik. Friederike Deichsler hat sich angeschaut, wie aus Hausarbeiten Vorträge werden.

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In der studentischen Vorlesungsreihe “Literatur aus den Schubalden” stehen Studenten selbst hinter dem Dozentenpult. Foto: Cora-Mae Gregorschweski

Es ist kurz nach vier am Mittwochnachmittag und der Raum J 27/14 in der Silberlaube füllt sich langsam. Lukas Nils Regeler sortiert noch einmal seine Unterlagen und ändert letzte Details an der Präsentation. Er wirkt entspannt und sicher, denn er ist Experte in seinem Thema.

Doch Lukas ist kein Dozent. Er ist Student, wie alle anderen in diesem Raum und wird gleich eine seiner Hausarbeiten vorstellen. Der Vortrag gehört zur Veranstaltung „Literatur aus den Schubladen“, an der Lukas selbst als Organisator mitwirkt. Nach dem Motto „Von Studenten für Studenten“ bietet sie die Möglichkeit, eigene literaturwissenschaftliche Arbeiten vor Publikum zu präsentieren und darüber zu diskutieren.

Ein kleiner Beitrag zur Forschung

Die Idee zu dem Projekt kam Germanistikstudenten vor zwei Jahren. Lukas Nils Regeler beschreibt den Grundgedanken so: „Man investiert viel Zeit und Mühe in seine Hausarbeiten, die ja auch ein kleiner Beitrag zur Forschung sind, und dann werden sie nur von einem Dozenten gelesen. Das ist einfach schade.“ Die studentische Vorlesungsreihe will das ändern. In jeder der wöchentlichen Sitzungen stellen zwei Studenten ihre Beiträge vor, anschließend gibt es eine Diskussion. Der Austausch mit anderen eröffnet immer wieder neue Perspektiven auf den Stoff – auch interdisziplinär: In diesem Semester ist die Veranstaltung auch für Studenten anderer Philologien und der Allgemeinen Vergleichenden Literaturwissenschaften geöffnet.

Organisiert wird die Veranstaltung seit diesem Semester von Lukas und zwei Kommilitonen. Sie übernahmen gemeinsam die Leitung, als die Gründer mit Studienende die Universität verließen. Die anfängliche Sorge, die Vorlesungsreihe nicht fortführen zu können, bewahrheitete sich nicht: Die Resonanz blieb ungebrochen, zahlreiche Studenten meldeten sich mit eigenen Beiträgen. Für die drei ein Ansporn, um weiterzumachen.

Begeisterung für Literatur

Die Veranstaltung richtet sich aber nicht nur an Studenten. Jeder, den das Thema interessiert, kann vorbeikommen, zuhören und mitdiskutieren. Besonders Schüler wollen die Organisatoren auf „Literatur aus den Schubladen“ aufmerksam machen. „Viele interessieren sich vielleicht für ein literaturwissenschaftliches Studium, haben aber keine konkrete Vorstellung davon“, erklärt Lukas. Im Rahmen der Veranstaltung hätten sie die Möglichkeit, das Fach ein bisschen kennenzulernen und sich direkt mit Studenten auszutauschen.

Doch auch wenn die Studenten nur unter sich bleiben, kommen sie gern zu den Vorträgen. An diesem Mittwoch ist der Raum jedenfalls gut gefüllt. Es geht um den „Parzival“ von Wolfgang von Eschenbach. Nicht jeder kennt das Werk, doch das ist auch gar nicht notwendig. Wie die anschließende Diskussion zeigt: Das Wichtigste ist die Begeisterung für die Literatur, und die teilen hier alle.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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