Gott würfelt nicht

Im großen Hörsaal der Biologie versammeln sich Studierende und Dozenten zu später Stunde, um über wissenschaftliche Kontroversen und ihre filmische Vermittlung zu diskutieren. Von Nina Michaelis

Biofilm Bild
Auch wissenschaftliche Filme wollen mit gewaltigen Bildern überzeugen. Manch Fachkundigem wird es da zu bunt. Foto: Biofilm

„Wissenschaftler sind häufig nicht in der Lage, ihre Ergebnisse gut verständlich aufzubereiten, wodurch beim Laien leicht Fehlvorstellungen erzeugt werden“, sagt Samuel Reichert. Seit zwei Semestern organisiert er die Veranstaltungsreihe „Biofilm“ gemeinsam mit Sophie Lokatis, einer anderen Masterstudentin. Die Idee dafür kam seiner Frau bei einem Filmabend zuhause. Dabei waren den beiden einmal wieder falsch aufbereitete Fakten in einer Dokumentation ins Auge gestochen. Zur Vermittlung naturwissenschaftlicher Inhalte an die breite Öffentlichkeit bedienten sich Dokumentationen besonders eindrucksvoller Bilder, Übertreibungen und Verkürzungen, erklärt Samuel. Diese könne zu Irritationen beim Fachpublikum führen.

Während sich bei den ersten Veranstaltungen lediglich ein gemütlicher Kreis von zehn Studenten ergab, ist der Andrang und das Interesse mittlerweile deutlich gestiegen. Das könnte unter anderem daran liegen, dass immer öfter auch Experten zu den Filmabenden eingeladen werden. So versammelten sich an die 100 Personen, als es um die Verfilmung des Buches „Die raffinierten Sexpraktiken der Tiere“ ging. Die Autorin, Evolutionsbiologin und Journalistin Dr. Olivia Judson, war dabei persönlich zum Gespräch anwesend.

Evolutionstheorie versus Intelligent Design

Dabei haben die Organisatoren keine Scheu, auch kontroverse Themen anzusprechen. Zuletzt war es das Thema „Intelligent Design“. Der gezeigte Film „Dem Geheimnis des Lebens nahe“ ist eine Absage an diese Darwinsche Vorstellung, dass die Evolution ein Prozess zufälliger Mutationen war. Mit der Theorie des „Intelligent Design“ wollen Wissenschaftler aus den USA die Entstehung des Lebens anschaulich erklären.

Der Zuschauer wird mittels aufwändiger mikroskopischer Aufnahmen und Computeranimationen, begleitet von Erklärungen der Wissenschaftler, an scheinbar faszinierende biologische Erkenntnisse herangeführt. Er erlebt, wie die riesigen Informationsmengen der DNA zu funktionierenden Proteinen umgewandelt werden und die Produktion von Proteinsträngen ihren Lauf nimmt. Gerade solch hochkomplexe Darstellungen werden in der Wissenschaftskommunikation nicht selten verwendet. Dadurch sollen Laien überzeugt werden, dass das gezeigte fundiert und wissenschaftlich sei.

Die gezeigten Vorgänge lassen die Verfechter des „Intelligent Design” auf eine gewaltige Dimension an Technologie und Logistik schließen. Dies sei nur möglich, wenn ein intelligenter Konstrukteur, eine Art göttliche Instanz, als steuernde Ursache im Hintergrund existiert. So wenig, wie wir die ägyptischen Hieroglyphen-Inschriften Sandstürmen zuschrieben, so wenig sei das Leben durch bloße natürliche Ursachen entstanden. Für Dean Kenyon, Biophysiker und ehemals führenden Vertreter der chemischen Evolution, ist heute erwiesen: Im Reich der molekularen Genetik entdecken wir intelligentes Design. Dieser Meinungswandel eines ihnen durchaus bekannten Mannes, stieß bei den anwesenden Biologiestudenten auf besonderes Unverständnis. Es steht in Kontrast zu dem, was ihnen in der Evolutionstheorie gelehrt wird.

Kein allwissender `God of the gaps´

Nach der Vorführung eröffnete Tobias Lortzing die Diskussionsrunde. Der Molekularbiologe beschäftigt sich selbst viel mit Wissenschaftsskeptizismus. Während der lebhaften Diskussion wurde einiges deutlich. So verbirgt sich hinter den auf den Laien fundiert und plausibel wirkenden Erkenntnissen des Films nicht viel mehr als leere Luft. An keiner Stelle werde erklärt, was wirklich gemeint ist mit dem Konzept des „Intelligent Design“. „Die Forscher bringen nur einen `God of the gaps´ ins Spiel, der als Erklärung für alles dienen soll, wissenschaftliche Argumente sehe ich aber keine“, so einer der anwesenden Biologiestudenten. Die in der Dokumentation getroffenen Aussagen seien zudem nicht nachprüfbar. Der Film beweist einmal mehr, wie schwer es ist, zwischen wissenschaftlich begründeten und pseudowissenschaftlichen Inhalten zu unterscheiden.

Die Biofilm-Abende finden alle zwei Wochen dienstags um 19 Uhr im Hörsaal der Zoologie (Königin-Luise-Straße 1 – 3) statt.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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