FU zeigt Charakter

Der Akademische Senat lehnt den Wunschkandidaten für eine Honorarprofessur ab. Damit demonstriert die FU nicht nur Stärke, sondern auch, dass wir auf den studentischen Einfluss stolz sein können. Von Lukas Burger

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Diese Entscheidung dürfte Axel Aino Schleusener nicht gefallen. Er wird nun offenbar doch kein Honorarprofessor an der FU. Der Vorsitzende Richter am Berliner Landesarbeitsgericht wurde zwar von der juristischen Fakultät für diese Position vorgeschlagen, aber nach zwei Abstimmungen im Akademischen Senat (AS) und einem aufschiebenden Gruppenveto der Studierendenschaft abgelehnt.

Der Grund dafür dürfte in seiner Vergangenheit zu finden sein: der „Emmely-Prozess“. Schleusener war derjenige, der es für rechtens erklärte, einer Angestellten der Supermarktkette Kaisers wegen eingelösten Pfandbons im Wert von etwas mehr als einem Euro zu kündigen.
Die Ablehnung Schleuseners wird im Gegensatz zu diesem Urteil nicht zu einem Skandal von landesweiter Relevanz werden. Stoff für kontroverse Diskussionen liefert sie trotzdem. Immerhin handelt es sich bei dem Richter um einen verdienten Juristen, der formal alle Kriterien für eine Honorarprofessur erfüllt.

Recht für „Emmely“

Natürlich hat Schleusener das Urteil damals auf Grundlage der gültigen Gesetze gesprochen. Trotzdem war diese Entscheidung unverhältnismäßig.

Dies bestätigten später auch Schleuseners übergeordnete Kollegen am Bundesarbeitsgericht. In letzter Instanz gaben sie „Emmely“ Recht. Mit Schleuseners Urteil, wurden die Eigentumsansprüche eines Großkonzerns über den Kündigungsschutz und das Auskommen einer Arbeitnehmerin gestellt. Angesichts eines Vermögensdeliktes in so niedriger Höhe eine moralisch zweifelhafte Entscheidung. Die Absage der FU an Schleusener ist deshalb eine Entscheidung, über die man sich als Mitglied dieser Universität freuen darf.

Schleusener wäre die Honorarprofessur nach der ersten Abstimmung im Akademischen Senat mit einer knappen Mehrheit zugesprochen worden. Das aufschiebende Gruppenveto ist ein Mittel der Studierendenschaft, um Einfluss auf die Entscheidungen der Universität zu nehmen. In der zweiten Abstimmung fehlte dann die notwendige Mehrheit für den Richter. So gesehen lief alles ordnungsgemäß ab.

Ehre der Honorarprofessur

Dass die Studierendenvertreter im AS einen derartigen Einfluss haben und diesen in ihrem Sinne nutzten, ist begrüßenswert. Schließlich ist sie ein wesentlicher Teil der Universität. Hier zeigt sich, dass sie Gewicht haben und nicht lediglich aus repräsentativen Gründen dort sitzen.

Darüber hinaus handelt es sich bei einer Honorarprofessur um einen Ehrentitel. Diese werden durchaus auch auf der Grundlage von Moralvorstellungen vergeben. Immerhin legen sie offen, wofür eine Universität steht und welche Werte für sie zählen.

Die Freie Universität hat Edward Snowden nicht wegen seiner fachlichen Qualifikationen zu einem Ehrenmitglied ernannt, sondern um sein Verhalten zu honorieren. Wenn sie nun davon absieht, das Gleiche mit dem Verhalten eines Richters zu tun, ist das ihr gutes Recht. Schließlich sagt jede Ehrung mindestens genauso viel über den Ehrenden aus, wie über den Geehrten.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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