Schatten der Vergangenheit

Die Vortragsreihe „Griechenland unter deutscher Besatzung“ will über die weitgehend unerforschte Beziehung zwischen Deutschland und Griechenland aufklären. Inklusive erschreckender Erkenntnisse. Von Lukas Burger

Die Forscher des Cemog erzählen von den Schrecken der deutschen Besatzung Griechenlands. Foto: Jürgen Kramer / Stiftung Topographie des Terrors

Die Forscher des Cemog erzählen von den Schrecken der deutschen Besatzung Griechenlands. Foto: Jürgen Kramer / Stiftung Topographie des Terrors

Nachdem sie monatelang als dominantes Thema durch die Medien ging, ist es mittlerweile ruhig geworden um die Griechenland-Krise. Dennoch klingen Forderungen nach der „eisernen Kanzlerin“, die den „Pleitegriechen“ weitere Milliarden verwehren sollte, noch immer nach. Wie unpassend derartige militärisch angehauchte Referenzen im Kontext der gemeinsamen Geschichte der beiden Staaten sind, führt von Oktober bis Dezember die Vortragsreihe „Griechenland unter deutscher Besatzung“ allen Geschichtsvergessenen noch einmal vor Augen. Initiiert wurde die Veranstaltung durch eine Kooperation des Centrum Modernes Griechenland (Cemog) der FU mit der Stiftung „Topografie des Terrors“, in deren Räumen die Vorträge stattfinden.

Vergangenheitsbewältigung unter dem Eindruck aktueller Konflikte

Die aktuelle Krise in Griechenland sei nicht der ausschlaggebende Grund gewesen, um die Vortragsreihe zu organisieren, sagt Dr. Kosmas, Dozent an der FU und Koordinator des Cemog. Dennoch denkt er, dass die Erkenntnisse aus der Vergangenheit für die Anwendung auf die Gegenwart wertvoll sein können. Ziel des Cemog ist es, Brücken zwischen den beiden Kulturen zu bauen und Interesse für die gemeinsame Vergangenheit zu wecken. Dass man sich dabei nüchtern, sachlich und informativ am aktuellen Diskurs beteilige, sei so wichtig wie unausweichlich, führt Kosmas weiter aus. Meinung solle von fundiertem Wissen begründet sein und sich nicht an Zeitungsüberschriften orientieren. Dabei soll diese Vortragsreihe helfen.

Der Vortrag am 3. November handelte von der Besatzung Griechenlands während des Zweiten Weltkrieges. Die beiden Referenten beschrieben die Repression, unter der das griechische Volk zu leiden hatte und die Kollaboration, auf die es sich partiell mit dem NS-Regime einließ, während andere Teile der Bevölkerung einen blutigen Partisanenkrieg begannen. Dieser mündete nach dem Abzug der Nazis direkt in einen heftigen Bürgerkrieg.

Erst nüchterne Fakten, dann Einzelschicksale

Die beiden Vorträge gestalten sich dabei sehr unterschiedlich. Dr. Dordanas referiert sachlich über den gesamten Themenkomplex. Er schildert mit Zahlen und Fakten den Ablauf der Besatzung in vielen Einzelheiten, lässt jedoch dabei auch die inkriminierenden Aspekte nicht unter den Tisch fallen. Sein Vortrag endet mit der selten genannten Tatsache, dass Griechenland das Land mit den prozentual meisten Opfern im Zweiten Weltkrieg ist.

Im Gegensatz dazu fokussiert Dr. Schminck-Gustavos sich im Anschluss auf ein einziges Ereignis: das Massaker von Lyngiádes. Aus Rache für den Tod eines Offiziers löschte die Wehrmacht das Dorf bis auf fünf Überlebende komplett aus. Schminck-Gustavos schildert, wie er diese Überlebenden ausfindig gemacht hat, und erzählt ihre Geschichte mit ihren eigenen Worten und schockierenden Bildern. Dies gelingt ihm derart eindrücklich, dass die Empathie für die Opfer und die Wut über die mangelnde Aufklärung dieses Verbrechens im Raum greifbar werden. Neben dem Applaus, der anschließend durch den Saal hallt, ein Indiz für den Erfolg der Veranstaltung.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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